# taz.de -- Nachrichtenagenturen profitieren von Zusatzgeschäften: Auf einen Deal mit Mercedes
       
       > Was haben unabhängige Nachrichtenagenturen mit Autobauern zu tun?
       > Zusatzgeschäfte mit Audi und BMW bringen viel Geld ein und gefährden die
       > Vielfalt traditioneller Nachrichten.
       
 (IMG) Bild: Freude bei dadp: Künftig bekommen Millionen Mercedes-Fahrer Nachrichten ins internetfähige Auto gezaubert.
       
       Große Freude herrschte kürzlich bei den Nachrichtenagenturen dapd und dpa
       über Deals mit dem Autohersteller Daimler. Bei dadp, weil man künftig
       Millionen Mercedes-Fahrern Nachrichten ins internetfähige Auto zaubert.
       Beim Konkurrenten dpa, weil sie den Führungskräften des Hauses weiter eine
       News-App für Smartphones und Tablets liefern darf.
       
       Solche Kooperationen sind nicht neu, AFP etwa arbeitet mit BMW und Audi
       zusammen. Ohnehin seien Nachrichtenagenturen ursprünglich einmal
       entstanden, „um Wirtschaftsunternehmen mit Nachrichten zu versorgen“, sagt
       dpa-Sprecher Christian Röwekamp. Das war im 19. Jahrhundert. So bleibt in
       heutigen Zeiten die Frage: Was haben Agenturen mit KFZ-Konzernen zu
       schaffen? Sollten sie nicht unabhängige News liefern?
       
       Auffällig ist, dass Kunden jenseits der Medienbranche für die Agenturen am
       Bedeutung gewinnen: „Die dort erzielten Einnahmen helfen, die Preise stabil
       zu halten, damit die Angebote für die klassischen Medien bezahlbar
       bleiben“, sagt AFP-Geschäftsführer Clemens Wortmann.
       
       Das sei angesichts der wirtschaftlichen Lage der Stammklientel wichtiger
       denn je. Man kann das auch mit einem anderen Zungenschlag formulieren – wie
       kürzlich der dapd-Gesellschafter Peter Löw in einem Strategiepapier:
       Verlage könnten, anders als früher, „nicht mehr als bloße Cash-Cows
       missbraucht werden“, sagt er. Löw propagiert „innovative Kundenbeziehungen“
       zu Industrieunternehmen.
       
       Der Branchenriese dapd hat angekündigt, in den kommenden zwei bis drei
       Jahren mehrere Dutzend Wirtschaftsredakteure einzustellen – vor allem für
       nicht auf Medien zielende Angebote. Und dpa hat im Februar in Brüssel den
       Infodienst „dpa Insight EU“ gegründet. Der biete „Darstellungsformen“, die
       „für tagesaktuelle Medien zu speziell und zu umfangreich“ seien, sagt
       Sprecher Röwekamp. Geliefert werden Analysen zur EU-Politik, der Service
       richtet sich an Parteien, Verbände, Firmen.
       
       ## Steigende Umsätze
       
       Die Einnahmen im nonmedialen Sektor wachsen zudem, weil das Internet „die
       Publizierungsschwellen gesenkt hat“, sagt Wortmann. Jedes Unternehmen könne
       auf seiner Website Nachrichten einfließen lassen. Für solche
       medienunabhängige Portale ohne eigene Redaktion lieferten Agenturen
       „schlüsselfertigen Content“. Das sei „auch gefährlich, weil das die
       Agenturen in eine zu dominante Rolle beim Angebot von Newscontent bringen
       könnte“, sagt Wortmann. Bedroht wäre die Vielfalt auch, wenn eine Agentur
       nonmedial so viel Umsatz macht, dass sie den traditionellen Medien
       Nachrichten billig anbieten und somit im Preiskampf andere verdrängen kann.
       
       Die Kernfrage lautet daher, wie hoch der Anteil nonmedialer Umsätze sein
       darf. Das hängt auch davon ab, ob es Unternehmenszweck ist, Profite zu
       reinvestieren – wie bei der genossenschaftlich organisierten dpa und quasi
       öffentlich-rechtlichen AFP – oder ob die Agentur – wie dapd –
       Finanzinvestoren gehört. Die deutsche AFP macht derzeit 10 Prozent ihres
       Umsatzes im nichtmedialen Bereich, dpa rund 20.
       
       Der dapd-Deal mit Daimler fällt in einen Bereich, für den sich der Begriff
       Digital Out Of Home (DOOH) eingebürgert hat. Der umfasst auch
       Bewegtbild-News für Bildschirme in Bahnhöfen, Fitnessstudios und
       Tankstellen. Die Agenturen versehen die DOOH-Beiträge mit Metadaten, also
       Stichworten. So kann der Abnehmer alles, was die eigene Branche betrifft,
       zwecks Prüfung per Filterprogramm aussortieren.
       
       Kommt die eigene Firma schlecht weg, weil sie ohnehin gerade öffentlich in
       der Kritik steht, gibt die Kommunikationsabteilung des Agenturpartners den
       Beitrag in der Regel nicht frei. „Wir sind Großhändler, und wenn ein Kunde
       etwas nicht nimmt, ist das normal“, sagt Wortmann. Mehr DOOH-Nachrichten
       heißt also auch: mehr gefilterte News. Der Nutzer wird es nicht bemerken.
       
       22 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
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