# taz.de -- Vom modernen Menschen verdrängt: Chancenlose Neandertaler
       
       > Naturkatastrophen und Klimawandel setzten dem Neandertaler schwer zu.
       > Schuld an deren Aussterben war aber der anpassungsfähigere Homo sapiens.
       
 (IMG) Bild: Neandertaler (l.) und Homo Sapiens: „Schönes Fräulein, darf ich's wagen?“
       
       WASHINGTON dpa | Der moderne Mensch übte mehr Druck auf die Neandertaler
       aus als Naturkatastrophen. Laut einer aktuellen Studie, spielten demnach
       weder heftige Vulkanausbrüche noch rapide Klimaschwankungen beim
       Verschwinden des Neandertalers eine entscheidende Rolle.
       
       Die Verwandten des modernen Menschen lebten in kleinen Gruppen und waren
       sehr mobil, sie konnten zunächst gut mit solchen Widrigkeiten umgehen,
       schreibt ein Forscherteam in den [1][Proceedings] der US-Nationalen
       Akademie der Wissenschaften (PNAS). Auf längere Sicht sei Homo sapiens aber
       noch besser für die Anforderungen gerüstet gewesen und habe sich gegenüber
       dem Neandertaler durchgesetzt.
       
       Während der letzten Kaltzeit vor etwa 100.000 bis 30.000 Jahren zogen die
       modernen Menschen von Afrika nach Europa und breiteten sich dort aus. Sie
       trafen dabei in vielen Regionen auf Neandertaler, die dort schon seit
       Zehntausenden von Jahren lebten. Etwa 40.000 Jahre vor unserer Zeit ging
       die Zahl der Neandertaler deutlich zurück, vor etwa 30.000 Jahren waren sie
       komplett ausgestorben.
       
       Wissenschaftler rätseln seit langem darüber, welche Gründe für das
       Aussterben unserer Verwandten maßgeblich waren. Eine mögliche Ursache ist
       das Klima. Es gab in diesem Zeitraum immer wieder heftige Kaltzeiten, die
       von wärmeren Zwischenzeiten unterbrochen wurden. Die Gruppen waren
       gezwungen, vor der Kälte gen Süden zu fliehen, besiedelten die alten
       Gebiete aber in Warmzeiten wieder.
       
       ## Evolutionsgewinner
       
       Einige Forscher nehmen an, dass der moderne Homo sapiens besser für die
       ständigen Klimaveränderungen gerüstet war als der Neandertaler. Zusätzlich
       habe ein schwerer Vulkanausbruch vor etwa 40.000 Jahren den Neandertalern
       zu schaffen gemacht. Dabei wurden große Mengen Asche über weite Teile
       Europas verteilt und lösten vermutlich einen vulkanischen Winter aus.
       
       Die Forscher um John Lowe von der Royal Holloway University of London
       hatten Ablagerungen der ausgestoßenen Vulkanasche untersucht: Die kleinen
       Glaspartikel lassen sich auch unter dem Meer oder in Höhlen finden. Solche
       Fundorte seien bisher in der Forschung kaum berücksichtigt worden.
       
       Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler archäologische Funde von
       Neandertalern und frühen Homo sapiens-Populationen genauer datieren und die
       zeitlichen Abläufe besser untersuchen. Sie stellten fest, dass in vielen
       Regionen Europas Überreste von Neandertalern sowie Hinterlassenschaften
       ihrer Kultur schon lange vor dem Vulkanausbruch seltener werden.
       Stattdessen gibt es vermehrt Fundstücke, die mit dem Vordringen anatomisch
       moderner Menschen in Verbindung gebracht werden, etwa ausgefeiltere
       Werkzeuge.
       
       Die Interaktion zwischen Neandertaler und Homo sapiens habe bereits in der
       Zeit vor 40.000 Jahren stattgefunden, berichten die Forscher. Für die
       urtümlichen Neandertaler habe der Kontakt üble Folgen gehabt - verheerender
       als der gewaltige Vulkanausbruch.
       
       24 Jul 2012
       
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