# taz.de -- Kommentar zur Lage der Nation: Zeit zum Fürchten
       
       > Die Bonität des deutschen Staates sei nicht mehr über jeden Zweifel
       > erhaben, findet die Ratingagentur Moody’s. Schlimmer ist aber etwas
       > anders.
       
 (IMG) Bild: A wie Abwerten, Aufwerten, Absurdität.
       
       Müssen die Bundesbürger Angst haben? Die Bonität des deutschen Staates sei
       nicht mehr über jeden Zweifel erhaben, findet die Ratingagentur Moody’s. In
       dieser Schärfe ist ein solches Urteil neu. Trotzdem wird die Warnung keine
       Konsequenzen haben – weder an den Börsen noch in der Politik.
       
       Denn die Anleger benötigen keine Ratingagentur, um die wirtschaftlichen
       Zusammenhänge zu erkennen: Man kann nicht die Währungsunion, von der vor
       allem die deutschen Exporteure profitieren, kaputtsparen – und gleichzeitig
       erwarten, dass dies keine Auswirkungen auf die hiesige Wirtschaft und damit
       auch auf den Staatshaushalt hat. Denn erzielen die Unternehmen Gewinne und
       bieten vielen Menschen Arbeit, steigen auch die Steuereinnahmen. Umgekehrt
       drohen bei Rückschlägen weitaus höhere Defizite.
       
       Und diese Rückschläge werden kommen. Das zeigt zum Beispiel die neueste
       Umfrage unter Einkaufsmanagern deutscher Industriebetriebe. Diese fuhren
       nun den vierten Monat in Folge ihre Produktion zurück. Wer soll die ganzen
       Produkte auch kaufen? Mehr als die Hälfte der deutschen Wirtschaftsleistung
       wird durch Außenhandel bestritten. 40 Prozent der Exporte gehen in andere
       Eurostaaten, denen zunehmend das Geld ausgeht. Aber auch andere
       Handelspartner sind von der Krise betroffen und kaufen weniger Waren aus
       Deutschland.
       
       Angesichts dieser düsteren Aussichten mag es zunächst erstaunen, dass der
       deutsche Aktienindex DAX noch immer bei knapp 6.400 Punkten verharrt. Doch
       die Anleger sind zum Zwangsoptimismus verdammt. Denn weltweit sind sie auf
       der Suche nach „sicheren Häfen“, wo sie ihr Geld parken können. Und da
       gehören die deutschen Unternehmen noch immer zur ersten Adresse, auch wenn
       die Exportchancen schrumpfen.
       
       In einer ähnlich bizarren Lage befindet sich der deutsche Staat. Auch er
       hat nicht viel zu fürchten, obwohl Moody’s warnt. Denn die panischen
       Anleger flüchten nach Deutschland, sodass sich die Bundesregierung das Geld
       praktisch umsonst leihen kann. Daher riskiert das Kabinett Merkel auch
       weiterhin das Auseinanderbrechen der Eurozone. Schießen dann irgendwann
       Erwerbslosigkeit und Haushaltsdefizite in die Höhe, wird die Regierung
       behaupten, das sei konjunkturell bedingt. Da könne die Politik nichts
       dafür. Ja, die Deutschen sollten Angst haben. Aber nicht wegen Moody’s.
       
       24 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Liebert
       
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