# taz.de -- Kommentar Luftverschmutzung in Italien: Richter sorgen für Gesundheit
       
       > In Tarent wurde ein Stahlwerk stillgelegt, weil es die Luft verseuchte.
       > Wieder einmal ist es nur die Justiz, die etwas bewirkt.
       
 (IMG) Bild: Mit der Verfassung unterm Arm protestieren Richter und Staatsanwälte gegen Berlusconi.
       
       „Wir können nicht von der Luft leben“, beklagte sich ein Arbeiter, nachdem
       das Gericht die Stilllegung des Ilva-Stahlwerks im süditalienischen Tarent
       verfügt hatte. Wie wahr: Saubere Luft reicht nicht zum Leben. Und wie
       falsch doch zugleich: Dass verseuchte, vergiftete Luft den sicheren Tod in
       Hunderten Fällen bedeutet, belegen die von der italienischen Justiz
       eingeholten Gutachten bis ins kleinste Detail.
       
       Das Stahlwerk steht geradezu beispielhaft für das alte, immer wieder neue
       Dilemma, worin die Verteidigung der Arbeitsplätze und der Einkommen mit dem
       Schutz von Gesundheit und Leben der Bürger kollidiert. Denn die Hochöfen,
       die Walzstraßen brachten von den sechziger Jahren an bescheidenen
       Wohlstand. Zugleich aber vergifteten Dioxin, Blei und Quecksilber die
       Menschen, führten zu exorbitanten Raten bei Krebs- und
       Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
       
       Jahrelang standen die Umweltschützer in Tarent auf verlorenem Posten. Das
       Unternehmen, seit Mitte der neunziger Jahre im Besitz der Familie Riva, tat
       immer nur das gerade Nötigste – und zog sich ansonsten auf den Standpunkt
       zurück, mehr gehe einfach nicht, auch wenn anderswo in Europa deutlich mehr
       ging. Unterstützung erfuhr Ilva dabei durch die Politik, die denkbar lasche
       Dioxin-Grenzwerte festlegte. Und auch die Gewerkschaften ordneten die
       Gesundheit den Arbeitsplätzen unter.
       
       Damit blieb, wie so oft in Italien, nur die Justiz: Seit nunmehr zehn
       Jahren müssen sich Ilva-Manager wegen Umweltverschmutzung und
       Körperverletzung verantworten. Das juckte die Firma auch nicht weiter. Umso
       wichtiger ist der jetzt erfolgte Gerichtsbeschluss: Er zwingt das
       Unternehmen und die Politik dazu, endlich die nötigen Schritte zu tun, um
       Arbeitsplätze zu sichern, die nicht mehr mit hundertfachem Tod erkauft
       sind.
       
       27 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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