# taz.de -- Kommentar Welt-Aids-Konferenz: Lasst uns über Sex reden!
       
       > Viele Regime, gerade in Afrika, verbreiten weiter die Mär, Aids sei eine
       > Dekadenzerscheinung des Westens. Da nützen die besten Medikamente nichts.
       
       In gewisser Hinsicht kann das Resultat der Welt-Aids-Konferenz in der
       US-Hauptstadt etwa so zusammengefasst werden: 25.000 Teilnehmende aus aller
       Welt debattierten hoch professionell ein globales Epidemieproblem – und
       suchten mehr oder weniger unaufgeregt nach Lösungen. Warum das so zu loben
       ist, versteht man mit Blick auf die Jahre, als Aids zu einer Chiffre für
       die drohende Apokalypse schlechthin wurde. Einst nämlich, in den frühen
       achtziger Jahren, wurde Aids hysterisch erörtert („Schwulenpest“) oder als
       Risiko nur für sogenannte Minoritäten abgetan.
       
       Angesichts der Bedrohung durch das HI-Virus hat sich jedoch in globaler
       Hinsicht die größte und entschlossenste Graswurzelbewegung begründet –
       gegen das Sterben. Sie schaffte, dass in wenigstens einigen, überwiegend
       reichen Ländern offen über die Ansteckungsgefahren gesprochen werden
       konnte. Man lernte: Prävention in Sachen Aids war und ist nicht möglich,
       ohne über Sexuelles öffentlich zu sprechen. Und begriff schnell: Wo dies
       abgewehrt wird, etwa in den arabischen Ländern, in Osteuropa, in Afrika
       oder in Zentralasien, steigen die Infektions- und Sterbezahlen ins
       Mörderische.
       
       Auch in Deutschland – wie in allen anderen Industrieländern – musste diese
       Erkenntnis erst gegen religiöse Eiferer durchgesetzt werden. Wer keine
       Epidemie will, darf sich nicht scheuen, sogenannte schmutzige Worte ins
       öffentliche Gespräch einzuführen.
       
       Triftig ist insofern der dringlich formulierte Wunsch aller
       Konferenzteilnehmenden von Washington, den Infizierten in der Dritten Welt
       Aidsmedikamente billiger anzubieten. Diese helfen, die Infektion latent zu
       halten – wie die Zuckerkrankheit etwa. Ebenso war es einer US-Politikerin
       wie der Außenministerin Hillary Clinton abzuverlangen, dass ihr Land mehr
       Mittel für Aidsforschung und -prävention bereitstellt, ohne die Einhaltung
       christlicher Enthaltsamkeitsgebote zur Bedingung zu machen.
       
       Wahr aber bleibt, dass die Segnungen vieler Gelder in armen Ländern bei
       Betroffenen nicht ankommen. Wenn Regime, wie die meisten afrikanischen,
       weiter die Mär verbreiten, Aids sei eine Dekadenzerscheinung des Westens,
       das HI-Virus könne afrikanischen Männern und Frauen mithin nichts anhaben,
       nützen die besten Medikamente nichts.
       
       Aids ist nach wie vor nicht heilbar, aber in Schach zu halten. Wer in
       Sachen Aids zu Sexuellem schweigt, tötet mit.
       
       28 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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