# taz.de -- Heilung von HIV-Infizierten: Der negative Berlin-Patient
       
       > Forscher stellten auf der internationalen Aids-Konferenz neueste Erfolge
       > bei der HIV-Bekämpfung vor. Alle setzen bei der Behandlung bekannte
       > Medikamente ein.
       
 (IMG) Bild: Geheilter Patient: Timothy Brown hat keine HI-Viren mehr im Blut.
       
       WASHINGTON taz | „Ich bin negativ“. Der Satz von Timothy Brown ist die
       Positivnachricht, auf die die „Aids-Community“ 31 Jahre lang gewartet hat.
       Der Mann aus dem US-Bundesstaat Seattle ist der erste bekannte Patient, der
       als „geheilt“ gilt. Auslöser für die radikale und überraschende Wende
       seines HIV-Status war eine Behandlung seiner Leukämie mit einer
       Stammzellentransplantation. Sie fand in Berlin statt. Die ForscherInnen
       nennen Timothy Brown den „Berlin-Patienten“.
       
       Auf der 19. internationalen Aids-Konferenz hat Timothy Brown auf kritische
       Fragen, ob sich das Virus in seinem Körper möglicherweise „verstecken“
       würde, kategorisch geantwortet: „Ich habe kein HIV mehr.“ Seine Behandlung
       hat er abgesetzt.
       
       Die WissenschaftlerInnen gehen davon aus, dass eine Heilung in greifbare
       Nähe gerückt ist. Mehrere Teams haben ihre unterschiedlichen Methoden in
       Washington vorgestellt. Alle setzen Medikamente ein, die längst in der HIV-
       und Aids-Behandlung benutzt werden.
       
       Im Fall von Timothy Brown hat der Berliner Arzt Gero Hütter für die
       Knochenmarkstransplantation einen Spender ausgewählt, der eine sehr seltene
       Resistenz hat: Seine Zellen können nicht mit HIV infiziert werden.
       
       ## Spenderzellen vertrieben HIV-infizierte Zellen
       
       An der US-Universität Havard haben die Forscher Daniel Kuritzke und Timothy
       Henrich zwei HIV-positive Patienten ebenfalls mit Stammzellen und einer –
       weniger aggressiven – Chemotherapie behandelt. Beide Patienten hatten eine
       Form von Blutkrebs.
       
       Und bei beiden haben die Spenderzellen offenbar ihre eigenen –
       HIV-infizierten – Zellen vertrieben. Dennoch wollten die beiden Forscher in
       Washington noch nicht triumphieren. Henrich hält es für möglich, dass
       irgendwo noch „residuelles HIV-Material“ vorhanden ist.
       
       Eine Forschergruppe aus dem Pasteur-Institut in Frankreich berichtete in
       Washington von einer Behandlung von 14 Patienten. Alle bekamen schon wenige
       Wochen nach ihrer Infektion die Standardkombination aus drei Medikamenten.
       Rund sechs Jahre nach dem Abschluss ihrer Behandlung haben diese Patienten
       nur sehr wenige oder gar keine nachweisbaren HIV-Viren im Blut. In
       Washington berichten die Forscher vom Pasteur-Institut zwar von
       verbleibenden „schlafenden Imunzellen“. Doch sie sind optimistisch, dass
       diese verschwinden könnten.
       
       Eine anderen Weg erforscht eine Gruppe um David Margolis an der Universität
       North Carolina: die Methode „shock and kill“. Margolis hat acht
       HIV-Patienten eine Dosis des Krebsmittels Vorinostat gegeben, um den
       HIV-Virus aus ihren schlafenden Zellen herauszulocken und dann mit
       Antiretroviral-Therapie zu behandeln. Margolis Forschung gilt in Washington
       als „vielversprechend“. Margolis selbst vergleicht seine Entdeckung bereits
       mit der Ankunft der ersten Anti-HIV-Drogen.
       
       29 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Leben mit HIV: Keine Ahnung von der Zukunft
       
       David hat stets verhütet, sich regelmäßig testen lassen und von einer
       eigenen Familie geträumt. HIV stand nicht auf dem Plan. Das Protokoll eines
       Jahres.
       
 (DIR) Zwangssterilisation in Namibia: Gericht gibt Frauen Recht
       
       In einem staatlichen Krankenhaus in Namibia wurden HIV-infizierte Frauen
       zwangssterilisiert. Einige der Betroffenen klagten, das Gericht urteilte
       auf „grobe Fahrlässigkeit“.
       
 (DIR) Zeichen des Protests: „Ein Symbol braucht Inhalt“
       
       Die Aids-Schleife ist schön, die Anti-Atom-Sonne nicht – trotzdem sind
       beide Symbole erfolgreich. Design-Expertin Helen Hacker erklärt, warum.
       
 (DIR) Kommentar Welt-Aids-Konferenz: Lasst uns über Sex reden!
       
       Viele Regime, gerade in Afrika, verbreiten weiter die Mär, Aids sei eine
       Dekadenzerscheinung des Westens. Da nützen die besten Medikamente nichts.
       
 (DIR) Welt-Aids-Konferenz: Die soziale Krankheit
       
       Die Welt-Aids-Konferenz in den USA zeigt eine einfache Wahrheit: Das
       HI-Virus ist einzudämmen. Doch Geld und Aufklärung fehlen überall.