# taz.de -- Bremen ist Vorreiter beim Mindestlohn: Selbst sind die Länder
       
       > Weil es kein bundesweit geltendes Gesetz für eine faire Bezahlung gibt,
       > geben sich immer mehr Bundesländer eigene Verhaltensregeln.
       
 (IMG) Bild: Künftig besser gestellt? Auch die von öffentlichen Arbeitgebern engagierten Beschäftigten verdienen mitunter weniger als 8,50 Euro pro Stunde.
       
       HAMBURG taz | Immer mehr Bundesländer im Norden wollen für Jobs, die von
       der öffentlichen Hand bezahlt werden, einen Mindestlohn einführen.
       Vorreiter mit einer bereits vom Parlament verabschiedeten Regelung ist
       Bremen. Die ebenfalls von der SPD (mit-)regierten Länder Hamburg und
       Schleswig-Holstein wollen nachziehen. Lediglich das von CDU und FDP
       regierte Niedersachsen verzichtet weitgehend auf entsprechende Vorgaben.
       
       Ende vergangener Woche hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass
       elf Prozent der Beschäftigten in Deutschland weniger als 8,50 Euro brutto
       pro Stunde verdienen. Im Norden reicht die Spanne von acht Prozent in
       Hamburg bis 23 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern.
       
       Die aus Schwerin stammende Vizeparteichefin der SPD, Manuela Schwesig,
       forderte angesichts dieser Zahlen erneut einen gesetzlichen Mindestlohn.
       „Wir brauchen endlich ein Gesetz in Deutschland, das gleichen Lohn für
       gleiche Arbeit verbindlich vorschreibt“, sagte sie. Vertreterinnen der
       Grünen und Linken äußerten sich ähnlich.
       
       Weil sich bundesweit nur schwer etwas bewegen lässt, haben einzelne
       Bundesländer eigene Regeln verabschiedet. Die schwarz-grüne Koalition in
       Schwerin hat im Juni ein Vergabegesetz beschlossen. Wer einen Auftrag des
       Landes haben möchte, muss demnach mindestens 8,50 Euro bezahlen. Das
       schwarz-gelb regierte Niedersachsen fordert von seinen Auftragnehmern
       Tariftreue – allerdings nur im Baugewerbe.
       
       Die rot-grüne Koalition in Schleswig-Holstein vereinbarte, sich im
       Bundesrat für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro
       einzusetzen. Im öffentlichen Dienst und für öffentliche Aufträge sollte
       wenigstens nach Tarif bezahlt werden. „So wird sicher gestellt, dass
       Wettbewerb über Qualität, statt über Lohndumping stattfindet“, steht in der
       Koalitionsvereinbarung. In Hamburg hat die SPD-Fraktion den Senat mit der
       Ausarbeitung eines Landesmindestlohngesetzes beauftragt.
       
       Am weitesten ist Bremen gegangen. Am 1. September tritt im Land ein Gesetz
       in Kraft, das einen Mindestlohn von 8,50 Euro für jegliche Beschäftigung
       festsetzt, bei der das Land die Finger im Spiel hat. Er gilt also nicht nur
       für die MitarbeiterInnen des Landes und der beiden Stadtgemeinden, sondern
       auch für die der öffentlichen Unternehmen. Auch wer einen öffentlichen
       Auftrag übernehmen oder Fördergeld in Anspruch nehmen will, muss bei dem
       jeweiligen Projekt den Mindestlohn bezahlen.
       
       Besonders letzteres hält Martha Pohl von der Handelskammer Bremen für
       schädlich, weil es die Wirtschaftsförderung erschwere. Eine Firma, die in
       Bremen Geld für Forschung und Entwicklung haben wolle, eine Bürgschaft oder
       Investitionsförderung, müsse nachweisen, dass sie den Mindestlohn bezahle.
       Das sei mit einem großen bürokratischen Aufwand verbunden und mache es
       schwerer, Firmen an das Land zu binden.
       
       Das Gesetz sei „letztlich eine Krücke“, findet Pohl, weil es von Bremen im
       Alleingang beschlossen worden sei, statt eine bundesgesetzliche Regelung zu
       finden. Der Alleingang sei schon deshalb schwierig, weil sich Bremen in
       einer anerkannten Haushaltsnot befindet. Den Geberländern im Süden sei es
       schwer zu vermitteln, dass Bremen mehr Geld für seine Aufträge bezahlen
       wolle.
       
       Wie die Kammer lehnen die Unternehmensverbände den Mindestlohn als
       angeblichen Eingriff in die Tarifautonomie ab. Durch den Mindestlohn gingen
       zudem Arbeitsplätze verloren. „Wer jetzt arbeitslos ist oder gering
       qualifiziert, wird eher daran gehindert, eine weitere berufliche
       Perspektive zu gewinnen“, sagt Michael Thomas Fröhlich von der Vereinigung
       der Unternehmensverbände Hamburg und Schleswig-Holstein (UV Nord). Ein
       Mindestlohn führe dazu, dass Arbeitsplätze ins Ausland verlagert und durch
       Maschinen ersetzt würden.
       
       Ganz anders der DGB Nord. Er verlangte mit Blick auf Schleswig-Holstein die
       Einführung eines Mindestlohngesetzes bis zum Herbst. „Niedriglöhne sind
       sozialer Sprengstoff“, sagte DGB-Chef Uwe Polkaehn. „Schleswig-Holstein
       muss endlich raus aus dem Lohnkeller.“
       
       30 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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