# taz.de -- Kommentar USA und Eurokrise: Auf Sylt wegen Romney
       
       > Der US-Finanzminister Timothy Geithner fährt nach Sylt, um Wolfgang
       > Schäuble zu treffen. Das zeigt, wie wichtig die deutsche Politik für
       > Obama werden kann.
       
       Dass Finanzminister Timothy Geithner im Hochsommer nach Sylt fährt, um den
       deutschen Finanzminister für ein einstündiges Gespräch in dessen
       Urlaubsdomizil zu treffen, zeigt, wie groß die Sorge in Washington ist.
       
       Die US-Spitze befürchtet, dass jeder Tag ohne eine Rettungsaktion der
       Europäischen Zentralbank für die gefährdeten Wirtschaften der Eurozone
       direkt in einen europäischen Crash führen kann. Und dass ein solcher
       zwangsläufig auch die USA mit in seinen Sog ziehen würde.
       
       Für die US-Wirtschaft, die weiterhin nah am Rand einer Rezession
       balanciert, wäre ein Zusammenbruch der Eurozone eine Katastrophe. Die
       Volkswirtschaften auf beiden Seiten des Atlantik sind aufs Engste
       miteinander verzahnt. Für Barack Obama wäre es das Ende der Hoffnung auf
       eine Wiederwahl im November. Denn im November werden die WählerInnen
       denjenigen Kandidaten wählen, den sie für den kompetentesten Mann halten,
       um sie aus der Krise zu führen.
       
       Sollte sich die wirtschaftliche Lage – im Inneren der USA und/oder in
       Europa - weiter verschlechtern, kann das paradoxerweise zugunsten von Mitt
       Romney ausfallen, einem Mann, der ein Inbegriff jener
       Heuschreckenkapitalisten ist, deren Treiben direkt in die Krise geführt
       hat. Damit liegt einer der Schlüssel zu Obamas Wiederwahl in Deutschland.
       
       ## Eine kleine Dosis Inflation
       
       Der US-Präsident versucht schon lange, Berlin zu einem Kurswechsel zu
       bewegen. Er will, dass die Bundesregierung ihre Austeritätspolitik beendet,
       dass sie auf Wachstum setzt und dass sie vorübergehend eine Dosis Inflation
       in Kauf nimmt. Spätestens seit der Präsidentschaftswahl in Frankreich
       argumentieren damit der US-amerikanische und der neue französische
       Präsident gegenüber Berlin in der selben Richtung.
       
       Bei seinem Blitz-Besuch auf Sylt, 99 Tage vor den US-Wahlen, dürfte der
       Emissär des US-Präsidenten zusätzliche Details zur Sprache gebracht haben.
       Vielleicht hat Geithner seinem deutschen Kollegen angekündigt, dass sein
       Präsident, im Falle einer Wiederwahl, eine radikale Haushaltssanierung in
       Angriff nehmen wird. Vielleicht hat er Beispiele aus seiner Erfahrung mit
       maroden Banken geliefert.
       
       In seinem ersten Amtsjahr war Geithner für die Verteilung eines großen
       Teils des Bankenrettungsplans (von insgesamt 700 Milliarden Dollar)
       zuständig. Wobei er leider keine Gegenleistungen verlangte und nicht dafür
       sorgte, die Grossbanken in kleinere Teile zu zerlegen. Auf jeden Fall aber
       dürfte Geithner auf Sylt ein Szenario dessen gezeichnet haben, was
       Deutschland und Europa droht, wenn in den USA Romney Präsident wird.
       
       Der Republikaner will derartig viele öffentliche Ausgaben streichen, dass
       eine radikale Schrumpfung der US-Wirtschaft zwangsläufig erscheint. Das
       wiederum hätte umgehend Auswirkungen auf die Export- und Absatzchancen
       europäischer Unternehmen.
       
       31 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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