# taz.de -- Mehr Geld für Flüchtlinge: Wie Deutsche, fast
       
       > Auch Bremen diskriminiert weniger: Ab dem 1. September zahlt die Stadt
       > Asylbewerbern fast so viel wie Deutschen und setzt ein
       > Verfassungsgerichts-Urteil um.
       
 (IMG) Bild: Wer Flüchtling ist, bekommt mehr Geld. Bald auch in Bremen 
       
       BREMEN taz | Ab dem ersten September bekommen Flüchtlinge in Bremen mehr
       Geld. Damit wird ein [1][Urteil des Bundesverfassungsgerichts] (BVerfG) in
       Bremen umgesetzt. Das entschied bereits Mitte Juli, dass AsylbewerberInnen
       nicht weniger Geld bekommen dürfen als Deutsche. 19 Jahren lang war das der
       Fall.
       
       Noch zwei Wochen nach dem Urteil erhielten Flüchtlinge in Bremen Bescheide,
       in denen ihnen weiterhin weniger Geld zustehen sollte. „Hinweise, dass dies
       verfassungswidrig ist, sind keineswegs freundlich aufgenommen worden“, sagt
       Sabine Zetsche von der Flüchtlings-Initiative. Sozialzentren würden
       Flüchtlinge auch nicht über die neue Situation informieren.
       
       Dabei war die Angleichung der Leistungen für Flüchtlinge auch in Bremen als
       lange überfällig begrüßt worden, Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) war
       froh, dass „die Ungleichbehandlung endlich aufgehoben“ wurde.
       
       Seit 1993 lebten Menschen mit Duldung oder unsicherem Aufenthaltsstatus von
       225 Euro – ein Drittel weniger als der Hartz-IV-Satz. Das sei „mit dem
       Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums
       unvereinbar“, urteilte das BVerfG. Und es legte konkrete Berechnungen vor,
       die unverzüglich umzusetzen sind: Für erwachsene Flüchtlinge sind das
       vorerst 336 Euro.
       
       Dieser Betrag soll Flüchtlingen in Bremen nun ab September überwiesen
       werden und die Differenz rückwirkend bis zum 1. August nachgezahlt werden,
       so Sozialressort-Sprecher Bernd Schneider. Alle, die gegen frühere
       Bescheide Rechtsmittel eingelegt hatten, bekommen eine Nachzahlung bis zum
       Zeitpunkt des Widerspruchs, maximal bis zum 1. Januar 2011 – so, wie es das
       Gericht festgelegt hat. Die Verzögerung liegt laut Sozial-Staatsrat Horst
       Frehe (Grüne) an Problemen in der Software-Programmierung.
       
       Nach wie vor aber bleibt eine ungleiche Behandlung: Flüchtlingen kann
       weiterhin ein Großteil der Leistungen als Gutscheine ausgegeben werden. Das
       wird in Bremen nicht praktiziert – es bedeutet einen höheren
       Verwaltungsaufwand – kann aber jederzeit wieder eingeführt werden, wie etwa
       in Niedersachsen.
       
       Auch medizinisch bekommen Flüchtlinge eine schlechtere Versorgung als
       Deutsche: Chronische Krankheiten sind zur Behandlung nicht vorgesehen, auch
       keine Psychotherapie. „In Bremen können Flüchtlinge sich ihren Arzt noch
       frei wählen, das gibt es in vielen anderen Ländern nicht“, so Zetsche.
       
       Flüchtlings-Initiativen befürchten, dass es mit einer endgültigen
       Neuregelung des Gesetzes wieder schlechter wird: Bundesinnenminister
       Hans-Peter Friedrich (CSU) hält nach Berichten des [2][Fränkischen Tags]
       die ungleichen Leistungen nach wie vor für „richtig“, die
       Bundessozialministerin werde „die Sätze so ausrechnen, dass der Abstand zu
       den Hartz-IV- und Sozialhilfesätzen gewahrt bleibt“.
       
       Andernfalls befürchte er „noch mehr Wirtschaftsflüchtlinge“. Da stehe
       Senatorin Stahmann klar gegen den Innenminister, so Sozialressort-Sprecher
       Schneider: „Migrationspolitische Erwägungen dieser Art dürfen nicht das
       Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle
       Existenzminimum rechtfertigen.“
       
       In Bremen beziehen knapp 1.500 Menschen Gelder nach dem
       Asylbewerber-Leistungsgesetz. Nach aktuellen, vorläufigen Berechnungen muss
       Bremen ihnen insgesamt 140.000 Euro im Monat mehr zahlen, aus kommunalen
       Mitteln.
       
       31 Jul 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20120718_1bvl001010.html
 (DIR) [2] http://www.infranken.de/nachrichten/lokales/bamberg/Bundesinnenminister-widerspricht-dem-Bundesverfassungsgericht;art212,309477
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
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