# taz.de -- Kommentar Prozess gegen Pussy Riot: Putin straft, verzeiht und vergibt
       
       > Die inhaftierte russische Punkband Pussy Riot hätte ihre Lektion gelernt,
       > meint Wladimir Putin auf einmal. Er will Respekt ausstrahlen, wirkt aber
       > nur lächerlich.
       
       Kremlchef Wladimir Putin hat ein Einsehen. In London, am Rande der
       Olympischen Spiele, gab sich der russische Präsident versöhnlich und milde.
       Die in Moskau einsitzenden Frauen der Punkband Pussy Riot hätten ihre
       Lektion gelernt, meinte Putin zufrieden. Das Urteil solle daher „nicht zu
       hart“ ausfallen.
       
       Gericht und Staatsanwaltschaft werden dem Folge leisten, da besteht kein
       Zweifel. Denn Wladimir Putin ist nicht nur Russlands Präsident, er ist auch
       des Reiches oberster Richter, in weltlichen wie in himmlischen
       Angelegenheiten.
       
       Die Austreibung Wladimir Putins in der Kirche von der Mutter Gottes zu
       verlangen, wie es die Punkerinnen taten, muss aus der Sicht der Macht, die
       sich als von Gott gegeben begreift, zwangsläufig ein blasphemischer Akt
       sein. Die Nähe von Staat und einer Quasistaatskirche unterstreicht dies
       noch.
       
       Putin straft, verzeiht und vergibt. Natürlich spielt da auch immer die
       Laune mit hinein. In London war sie bestens, nachdem ein nordkaukasischer
       Judoka für Russland in Anwesenheit des Oberhauptes eine Goldmedaille
       gewann. Dagestan macht sonst durch Sprengsätze und „schwarze Witwen“ von
       sich reden. Kremlchef Putin konnte den Eindruck gewinnen, auch in der
       Krisenzone sei alles wieder im Lot. Es ist diese Neigung zur
       Autosuggestion, der Wladimir Putin und seine engere Umgebung seit der
       Rückkehr in den Kreml im Mai erlegen sind.
       
       Mit aller Kraft stemmen sie sich gegen die Einsicht, dass nichts mehr so
       ist wie noch vor einem Jahr. In Windeseile peitschte Putin eine Handvoll
       repressiver Gesetze durch die Duma, von der Einschränkung des
       Versammlungsrechts bis hin zum Gesetz über NGOs als „ausländische Agenten“.
       Das sind bittere Eingriffe in Grundrechte – zunächst. Mit etwas Abstand
       wirken diese Versuche, gesellschaftliche Entwicklungen aufzuhalten, jedoch
       lächerlich.
       
       Genauso absurd wie der Punk-Prozess wegen Gotteslästerung, oder besser:
       Majestätsbeleidigung. Der Herr der vermeintlichen Supermacht geriert sich
       gleichzeitig als Vorsteher einer Obskurantistengemeinde. Wladimir Putin
       gibt sein Reich der Lächerlichkeit preis, dabei will er genau das Gegenteil
       erreichen: durch Furcht dem Gegenüber Respekt einflößen.
       
       In London hat der Despot gezeigt, dass er zurück im Amt ist. Schwach und
       angeschlagen. Ein Willkürherrscher eben, mit fragwürdiger Legitimität.
       
       3 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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