# taz.de -- Homophobie in Berlin: Staatsanwälte sollen sensibler werden
       
       > Wende in Berlin: Nach der Polizei soll es nun auch in der
       > Staatsanwaltschaft eine Ansprechpartnerin für homophob motivierte
       > Straftaten geben.
       
 (IMG) Bild: Christopher Street Day in Berlin 2012.
       
       BERLIN taz | Bei der Berliner Staatsanwaltschaft soll es künftig eine
       Ansprechpartnerin für Opfer homophob motivierter Straftaten geben.
       
       Das erfuhr die taz am Montag aus Justizkreisen. Lisa Jani, Sprecherin von
       Justizsenator Thomas Heilmann (CDU), bestätigte, der Justizsenator werde
       Mitte August auf einer Pressekonferenz „ein paar positive Dinge“ im
       Hinblick auf diese Frage vermelden. Damit zieht die Justiz, die in Sachen
       Ansprechbarkeit für Schwule lange abseits gestanden hatte, der Polizei
       nach.
       
       Berlin gilt bekanntlich als weltoffene Stadt: Rund 350.000 Berliner sind
       homosexuell, der Regierende Bürgermeister ist schwul. Die Stadt hat als
       einziges Bundesland zwei hauptamtliche Polizisten, die feste
       Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen sind. Diese
       Dienststelle bei der Polizei gibt es bereits seit 20 Jahren.
       
       Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Dirk Behrendt, begrüßt die
       Neuerung bei der Justiz: „Eine Ansprechpartnerin bei der Staatsanwaltschaft
       für homophob motivierte Straftaten ist gut für Berlin.“ Jahrelang habe die
       schwullesbische Community mit einer solchen Forderung bei der
       Justizverwaltung auf Granit gebissen.
       
       ## Gut für Berlin
       
       Von 2002 bis 2011 war die Justizverwaltung von der SPD geführt worden.
       Hasso Lieber, Staatssekretär der damaligen Justizsenatorin Gisela von der
       Aue (SPD), habe entsprechende Ansinnen immer entrüstet von sich gewiesen,
       erinnert sich Behrendt. Sinngemäß habe Lieber das Motto vertreten:
       „Brauchen wir nicht.“ Damit setze sich die Justiz nur dem Verdacht aus, da
       gebe es ein Problem. Umso mehr freue er sich nun, sagt Behrendt, dass der
       CDU-Justizstaatssekretär Alexander Straßmeir den Belangen von Schwulen und
       Lesben so offen gegenüberstehe.
       
       Jörg Steinert, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands Berlin Brandenburg
       (LSVD), begrüßte das Vorhaben als wichtiges Signal in die Community und den
       Justizapparat hinein: „Wir freuen uns, dass der Senat unserer Forderung
       nachkommt.“
       
       Nach Informationen der taz soll die Stelle künftig von einer Staatsanwältin
       bekleidet werden. Wie das Aufgabenfeld konkret aussehen wird, ist noch
       unklar. Anfang nächster Woche soll es dazu eine weitere Sitzung in der
       Justizverwaltung geben. An der ersten Sitzung, die bereits am 19. Juli
       stattfand, haben dem Vernehmen nach unter anderem Justizstaatssekretär
       Straßmeir, der Leiter des schwulen Antigewaltprojekts Maneo, Bastian Finke,
       sowie Vertreter der Staatsanwaltschaft und Kriminaloberkommissarin Maria
       Tischbier von der Ansprechstelle der Polizei für gleichgeschlechtliche
       Lebensweisen teilgenommen.
       
       Vieles spricht bislang dafür, dass die Staatsanwältin so ähnlich arbeiten
       wird, wie es die Ansprechpartner bei der Polizei tun. Deren Aufgabe besteht
       nicht darin, Fälle mit homophobem Bezug selbst zu bearbeiten. Vielmehr geht
       es darum, Ansprechpartner für Opfer von homophob motivierten Straftaten zu
       sein. Dabei will man vornehmlich für Opfer da sein, die das Gefühl haben,
       ihr Fall sei nach Erstattung der Strafanzeige falsch bearbeitet und sie
       selbst von Ermittlern wegen ihrer Homosexualität diskriminiert worden.
       Weitere Aufgabe der Staatsanwältin wird es wohl sein, in der Justizbehörde
       für Sensibilität für gleichgeschlechtliche Lebensweisen zu werben.
       
       Die Anzahl homophober Straftaten in Berlin ist seit Jahren mehr oder
       weniger konstant. 2011 wurden bei dem schwulen Antigewaltprojekt 201
       schwulenfeindliche Gewaltvorfälle gemeldet, im Vorjahr waren es 216 Fälle.
       In nicht repräsentativen Umfragen hat Maneo allerdings ermittelt, dass 90
       Prozent der entsprechenden Straftaten nicht angezeigt werden. Beweggründe
       seien dabei Angst vor einer neuerlichen Diskriminierung oder eine
       Bagatellisierung nach der Devise, „ja nur geschubst worden zu sein“, sagt
       Jörg Steinert vom LSVD. Die Ansprechstelle bei der Polizei leiste einen
       ungeheuer wichtigen Beitrag zur Vertrauensbildung zwischen Opfern und
       Ermittlungsbehörden.
       
       Kriminaloberkommissarin Maria Tischbier arbeitet seit 2006 in der Stelle.
       Bisher hätten Polizei und Justiz mehr oder weniger unabhängig
       nebeneinanderher geabeitet, sagt sie. Umso mehr freue sie sich, dass der
       Dialog nun zustande komme.
       
       6 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
       
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