# taz.de -- Experte über Lage auf dem Sinai: „Hamas will die Lage ruhig halten“
       
       > Nach den jüngsten Gewalttaten im Sinai fordert Professor Jakob
       > Bar-Siman-Tov eine engere Kooperation zwischen Israel und Ägypten.
       > Zumindest im Bereich der Nachrichtendienste.
       
 (IMG) Bild: Nachschub: ägyptische Panzer auf dem Nordsinai.
       
       taz: Herr Bar-Siman-Tov, wer steckt hinter den Anschlägen im Sinai und
       woher haben die Täter ihre technische Ausrüstung? 
       
       Jakob Bar-Siman-Tov: Die Waffen kommen mit großer Wahrscheinlichkeit aus
       libyschen Rüstungslagern. Wir wissen, dass nach dem Sturz Muammar
       al-Gaddafis die Lager geplündert wurden. Ein großer Teil dieser Waffen ist
       anschließend auf den Sinai geschmuggelt worden, darunter auch
       Flugabwehrraketen. Bei den Tätern haben wir es mit einem Mischmasch aus
       Mudschaheddin, aus Anhängern von al-Qaida und Beduinen zu tun.
       
       Über Jahrzehnte hörte man nichts von den auf dem Sinai lebenden Beduinen,
       dann sprengen sie Gasleitungen, massakrieren Flüchtlinge und kooperieren
       mit Terroristen. Warum passiert das jetzt? 
       
       Es geht um Geld. Es wird geschmuggelt, niemand kontrolliert, es herrscht
       Anarchie. Die Beduinen machen sich das zunutze. Das Attentat [am Übergang
       zum Gazastreifen, d. Red.] zeigt, wie wenig sie damit rechnen, dass die
       ägyptischen Sicherheitskräfte tatsächlich etwas gegen sie unternehmen
       werden. Im Sinai leben 400.000 Beduinen, die keine Strom- und
       Wasseranschlüsse haben und keine Arbeit.
       
       Was sollte Ihrer Meinung nach unternommen werden? 
       
       Es müssen schlicht mehr Truppen geschickt werden, die nach und nach wieder
       Kontrolle über die Region gewinnen. Armee und Polizei müssen präsent sein,
       um die abzuschrecken, die Attentate planen.
       
       Welche Konsequenzen werden die jüngsten Entwicklungen auf die Beziehungen
       zwischen Kairo und Gaza haben? 
       
       Kairo fängt an zu verstehen, dass Gaza nicht unproblematisch ist. Die
       ägyptischen Sicherheitskräfte zerstören Tunnel in den Gazastreifen, durch
       die auch Waffen geschmuggelt werden. Das ist neu.
       
       Bedrohen die radikalen Kräfte die Regierung in Kairo nicht genauso wie die
       Führung der Hamas im Gazastreifen? 
       
       Sicher will Hamas die Lage ruhig halten. Das Letzte, was die Führung im
       Gazastreifen braucht, ist ein Konflikt mit Ägypten. Sie hat mit uns schon
       genug.
       
       Die ägyptischen und israelischen Sicherheitsapparate haben gut miteinander
       kooperiert. Welche Folgen hatte der Arabische Frühling auf die
       Sicherheitsabsprachen zwischen den beiden Staaten? 
       
       Es hat klare Anzeichen gegeben für einen geplanten Angriff. Israel hat
       Kairo vor dem Attentat gewarnt. Diese Vorwarnungen sind auch an israelische
       Touristen rausgegangen, die in den Sinai reisen wollten. In Kairo hat man
       diese Warnungen nicht ernst genommen, sondern als Versuch Israels gesehen,
       dem Tourismus in Sinai zu schädigen, was im übrigen längst passiert. Es
       gibt keinen anderen Weg als die Kooperation der Sicherheitsapparate,
       zumindest im Bereich der Nachrichtendienste.
       
       10 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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