# taz.de -- Kommentar zu ver.di-Medaillen für Einzelhandel: Gut gelaunt einkaufen ist nicht alles
> Den Abbau von vollwertigen Arbeitsverhältnissen mit auszuzeichnen ist
> nicht nachvollziehbar.
(IMG) Bild: Nicht nur Sportler, auch der Einzelhandel strebt nach Medaillen.
Ehrenwert ist der Ansatz der Gewerkschaft Ver.di, mit einem
Einkaufsratgeber gute Arbeitsbedingungen in der Region zu würdigen. Es gibt
einem ein besseres Gefühl, seine Milch in einem mit Gold, Silber oder
Bronze dekorierten Laden zu bezahlen. Doch der wachsenden Zahl prekär
Beschäftigter im Einzelhandel bringt diese Medaillenflut herzlich wenig.
Fast alle Unternehmen der Branche verändern ihre Personalstruktur, um die
Öffnungszeiten ausweiten zu können. Das ist schön für Studenten, weil sie
dann mit abendlichen Nebenjobs an der Supermarktkasse ihren Lebensunterhalt
aufbessern können. Aber es ist problematisch für geringer Qualifizierte:
Wer will schon eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann anfangen, wenn er
damit später ohnehin nur Aussicht auf einen befristeten Werkvertrag bei
einer Personalfirma mit 7 Euro Stundenlohn hat?
## Gold hätte gereicht
Die wenigen Einzelhändler, die gegen diesen Strom schwimmen, hat Ver.di zu
Recht mit Gold prämiert. Warum sich aber diejenigen mit Silber und Bronze
schmücken dürfen, die den Abbau vollwertiger Arbeitsverhältnisse mit
befeuern, ist nicht nachvollziehbar.
Hier hätte man ganz anders bewerten müssen: Wer gliedert Abteilungen aus,
um Personalkosten zu sparen? Welche Unternehmen vergeben Neuanstellungen
nur noch befristet? Wer unterläuft mit welchen Werkverträgen geltende
Tarifvereinbarungen?
Es ist schön, sich als Verbraucher beim Milchkauf gut zu fühlen. Dieses
Gefühl entspricht aber viel zu oft nicht den Arbeitsbedingungen derer, die
die Milch ins Regal stellen oder sie später abkassieren.
16 Aug 2012
## AUTOREN
(DIR) Sebastian Puschner
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