# taz.de -- Fußballfans und DFB: Mit dem Dialog am Ende?
       
       > Weil sich die Fußballfanorganisationen nicht ernst genommen fühlen, haben
       > sie dem DFB ein Ultimatum gestellt. Der Abbruch der Gespräche droht.
       
 (IMG) Bild: Die woll'n doch nur spielen: Fans und Fußballer beim Relegationsspiel Hertha BSC gegen Fortuna Düsseldorf am 15. Mai.
       
       Als sich Fanvertreter und Verbandsfunktionäre Anfang August in Frankfurt
       treffen, ist die Stimmung miserabel. Die Arbeitsgruppe (AG) Fanbelange
       tagt. Zwei Wochen zuvor sind DFB, DFL, die Vereine, die Innenminister der
       Länder und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zur
       „Sicherheitskonferenz“ zusammengekommen, um über Fangewalt im deutschen
       Fußball zu diskutieren und am Ende einen „Verhaltenskodex“ zu
       unterzeichnen. Fanvertreter sind nicht eingeladen worden.
       
       Nachdem am Ende der vergangenen Saison Politiker vermehrt repressive
       Maßnahmen forderten, ärgerte das die Fanvertreter erneut. Es kommt zu
       heftigen Diskussionen; die Fans fühlen sich vor vollendete Tatsachen
       gestellt. Die ursprünglich geplante Tagesordnung wird gekippt. An diesem
       Tag soll nur über den Sicherheitsgipfel diskutiert werden.
       
       Wie die taz nun erfuhr, setzten die Vertreter der Fanorganisationen dem DFB
       ein Ultimatum: Bis zum 17. August, also dem vergangenen Freitag, müsse der
       DFB klar kommunizieren, dass die Abschaffung von Stehplätzen in deutschen
       Stadien nicht nur „zunächst“ (DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock), sondern
       generell kein Thema sei.
       
       Auch die diskutierte Verlängerung der Höchstdauer von Stadionverboten von
       drei auf fünf beziehungsweise bis zu zehn Jahren sei zu verwerfen. Außerdem
       solle der DFB klarstellen, dass ein Verhaltenskodex für Fans niemals von
       oben aufgesetzt werden dürfe, sondern stets aus den Fanszenen selbst kommen
       müsse.
       
       ## Heftige Reaktion angedroht
       
       Andernfalls – so sagte ein Sprecher der Vereinigung Pro Fans der taz – sei
       im Laufe des Montags vonseiten der Fans eine „heftige Reaktion“ zu
       erwarten. Intern wird noch diskutiert, wie diese aussehen könnte, doch die
       Gedankenspiele reichen bis hin zum kompletten Ausstieg aus den Gesprächen.
       Zu einer solchen Entscheidung seitens der Fans war es bereits im September
       2010 gekommen, als die Fanorganisationen aus der AG Fandialog, dem
       Vorgängergremium der AG Fanelange, austraten und so für deren Auflösung
       sorgten.
       
       Ein Signal des DFB kam am vergangenen Freitag, kurz vor Ablauf des
       Ultimatums. In einer E-Mail an die Fanorganisationen kündigte der
       DFB-Fanbeauftragte Gerald von Gorissen an, dass sich DFB-Sicherheitschef
       Hendrik Große Lefert nicht wie geplant auf der verbandseigenen Plattform
       dfb.de, sondern auf eine entsprechende Anfrage gegenüber der taz äußern
       wolle.
       
       Im Interview versuchte Große Lefert die Wogen zu glätten. „Der Fußball hat
       zu keinem Zeitpunkt die Zielrichtung verfolgt, Stehplätze abzuschaffen“,
       stellte Große Lefert klar. Der Druck käme regelmäßig vonseiten der Politik.
       Auch bei der diskutierten Verlängerung der Höchstdauer von Stadionverboten
       schiebt der DFB den Schwarzen Peter von sich.
       
       „Wir haben uns ganz klar dafür ausgesprochen, dass wir gerade bei
       Jugendlichen nicht von den drei Jahren abrücken sollten“, sagte Hendrik
       Große Lefert. Gleichzeitig schränkte er aber auch ein: Stadionverbote bis
       zu zehn Jahren seien in den extremsten Fällen denkbar, wenn die
       „Gefahrenprognosen“ entsprechend ausfielen. Ob die Verlängerung rechtlich
       haltbar ist, sollen Juristen in der neu gegründeten „AG Stadionverbote“
       ermitteln, die sich am morgigen Dienstag erstmals trifft.
       
       ## Enormer Druck von der Basis
       
       Außerdem sagte Große Lefert, dass der Sicherheitsgipfel in vielen Punkten
       medial falsch transportiert worden sei. Der Verhaltenskodex solle lediglich
       die Position und die Philosophie der Vereine dokumentieren. Ein
       „Verhaltenskodex für Fans“ sei ein ganz anderes Thema. „Das muss sich aus
       den lokalen Fanszenen selbst entwickeln“, sagte Große Lefert.
       
       Ob die Fanvertreter sich mit diesen Bekenntnissen zufrieden geben, ist zu
       bezweifeln. Sie stehen unter dem enormen Druck aus der breiten Fanbasis,
       schnell positive Ergebnisse zu liefern. Der DFB betont, man sei um den
       Dialog zu den Fans bemüht und wolle Kompromisse finden. „Allein die AG
       Fanbelange hat sich seit November 2011 fünfmal getroffen“, sagte Hendrik
       Große Lefert. Dazu kämen unter anderem die AG Deeskalation, die AG
       Stadionverbote oder die ständige Kommunikation mit der Koordinationsstelle
       Fanprojekte. Die Fans fühlen sich trotzdem nicht ernst genommen.
       
       „Es geht nicht um die Existenz, sondern um die Qualität des Diskurses“,
       sagte einer der Fanvertreter. Die Verbände nähmen die Treffen nur pro Forma
       wahr, in den zentralen Entscheidungen würden die Ergebnisse des Dialogs
       doch wieder nicht berücksichtigt. „Die Verbände“, klagte ein Fanvertreter,
       „sehen uns nicht als Partner auf Augenhöhe.“
       
       19 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Carmesin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) FC Hansa Rostock
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Sicherheit in Fußballstadien: Dialog über modifizierte Strafen
       
       Die Deutsche Fußball-Liga stellt Maßnahmen gegen Gewalt in den Stadien vor.
       Präsident Rauball will sich Forderungen aus der Politik nicht beugen.
       
 (DIR) Dialog zwischen DFB und Fanvertretern: Keine weitere Eskalation
       
       Die Fanvertreter sehen ihre Forderungen nur bedingt erfüllt. Trotz des
       ursprünglich gesetzten Ultimatums wollen sie nun aber weiter mit dem DFB
       reden.
       
 (DIR) Zusammenfassung DFB-Pokal: Bundesliga ist Pokal egal
       
       Wasserpausen in Gluthitze und einige deftige Blamagen prägten die Spiele
       der ersten DFB-Pokalrunde. Ein Drittel aller Bundesligavereine ist am
       Wochenende ausgeschieden.
       
 (DIR) Verdeckte Ermittler bei Fußballfans: „Das führt zu weiterer Eskalation“
       
       Jan Korte, MdB der Fraktion Die Linke, fordert ein Stadionverbot für
       verdeckte Ermittler der Polizei in der Fußballfanszene. Alles andere sei
       „staatliche Schnüffelei“.
       
 (DIR) Radikale Fans im Fußball: „Ultras – die Demokraten von morgen“
       
       Der Soziologe Gerd Dembowski über die Sicherheit von Stehplätzen,
       partizipatorische Modelle der Ultras und Probleme im Umgang mit den Fans.
       
 (DIR) Fc St. Pauli gegen Hansa Rostock: Fans hielten Frieden
       
       Die befürchtete Randale zwischen St. Pauli- und Hansa-Fans bleibt trotz
       Rostocker Niederlage aus. Krawalle gab es am Millerntor jedoch noch vor dem
       Abpfiff.