# taz.de -- „Top Gun“-Regisseur ist tot: Action und Zeitgeist
       
       > Der britische Regisseur Tony Scott nahm sich in Los Angeles mit einem
       > Sprung von der Brücke das Leben. Er galt als guter Handwerker, sein
       > Bruder hingegen als Künstler.
       
 (IMG) Bild: Der Regisseur Tony Scott ist tot.
       
       BERLIN taz | In den frühen neunziger Jahren gab es einmal einen Moment, in
       dem sich das Erzählkino endgültig in seine Bestandteile aufzulösen schien.
       Es war die Saison, in der Oliver Stones „Natural Born Killers“ und Tony
       Scotts „True Romance“ herauskamen, zwei extreme Beispiele für das, was man
       damals unheilschwanger Videoclip-Ästhetik nannte. Kurz vor dem hundertsten
       Geburtstag des Kinos schien sich da eine traditionelle Form ihrem Schicksal
       zu ergeben, aufgerieben im Sperrfeuer von Reklame und Newsflash.
       
       Tony Scott, der wie sein Bruder Ridley auch immer wieder Werbung gemacht
       hat, war der Regisseur, der diese Ästhetik mit den modernen
       Überwachungstechnologien in Übereinstimmung brachte und daraus einen
       beinahe schon wieder originären Typus des Actionkinos entwickelte -
       aggressiv, frenetisch, ausweglos. Sein Hit „Staatsfeind Nummer 1“ mit Will
       Smith ist dafür der Prototyp, der vertikale Kamerasturz auf den
       erkennungsdienstlich ausgemachten Helden ist die filmische Figur.
       
       Nicht alle von Tony Scotts Filmen waren im selben Maß prägend, er hat auch
       eine Menge routinierter Genrearbeiten abgeliefert (zuletzt den
       Eisenbahnthriller „Unstoppable - Außer Kontrolle“), und seine Karriere
       hatte nicht das massenauteuristische Momentum, von dem das Werk seines
       Bruders Ridley geprägt ist.
       
       ## Agent des Zeitgeists
       
       Aber dreimal war Tony Scott beinahe so etwas wie der Agent des Zeitgeists:
       Mit dem militaristischen Fliegerfilm „Top Gun“ (1986), mit dem Roadmovie
       „True Romance“ (1993, für das Drehbuch zeichnete Quentin Tarantino
       verantwortlich) und eben mit „Enemy of the State“. Den verquasten
       Erotikthriller „Hunger“ (1983) mit David Bowie und Catherine Deneuve, einen
       seiner ersten Erfolge, könnte man da beinahe noch hinzuzählen, jedoch war
       schon da zu sehen, dass sich das Genre auch mit vorgeschobenem
       Kunstanspruch nicht gegen die Angebote der Kabelkanäle und Pornofirmen
       behaupten konnte.
       
       So verlegte sich Tony Scott vor allem auf das Actiongenre, das Residuum des
       Erzählens im Zeitalter der Shoppingmall-Kinos. Mit seinem sieben Jahre
       älteren Bruder Ridley arbeitete er auch immer wieder als Produzent
       zusammen. Als Executive Producer zeichnete Tony Scott zuletzt für den
       TV-Vierstünder „Coma“ verantwortlich, eine Miniserie auf Grundlage des
       gleichnamigen Films von Michael Crichton aus dem Jahr 1978.
       
       Am Samstag hat sich Tony Scott, der in dritter Ehe mit der Schauspielerin
       Donna Scott verheiratet war, im Alter von 68 Jahren das Leben genommen. Er
       sprang von einer Brücke in Los Angeles. In seinem Büro fand man einen
       Abschiedsbrief.
       
       20 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Rebhandl
       
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