# taz.de -- Synthetisches Fleisch: Vom Drucker auf den Teller
       
       > Viele essen Fleisch nur mit schlechtem Gewissen. Die US-Firma Modern
       > Meadow träumt von Synthetikfleisch aus dem Bioreaktor. Völlig weltfremd
       > ist das nicht.
       
 (IMG) Bild: Kann man sich in Zukunft einfach ein Stück Fleisch ausdrucken?
       
       BERLIN taz | Fressen und gefressen werden – die Grundkonstante der
       Evolution gilt auch für den, der sich am meisten Gedanken darüber macht:
       Der Mensch ist ein Allesfresser, der nicht nur Körner und Blätter verputzt,
       sondern auch Mitgeschöpfe, die ihn zuvor noch treuherzig angeguckt haben.
       
       Der archaische Vorgang des Tötens aber gefällt uns nicht, weshalb wir ihn
       in abgeschottete Exklaven delegiert haben. Doch auch die zum freundlich
       lächelnden Gesicht gegossene Wurstscheibe hat zu lebenden Tieren gehört,
       die sich nicht freiwillig das Bolzenschussgerät an die Schläfe gesetzt
       haben, selbst wenn sie angesichts der Zustände in der Intensivtierhaltung
       durchaus Anlass dazu hätten.
       
       Viele Menschen mögen deshalb kein Fleisch mehr essen. Was naheliegend ist,
       zumal wir zu viel davon verzehren, mit deprimierenden Folgen für Tier,
       Mensch und Umwelt. Wäre die Welt also eine bessere, wenn die Menschheit auf
       eine vegetarische oder gar vegane Ernährung umstiege?
       
       Eher nicht. Der Flächenverbrauch wäre immens, denn der Mensch kann
       pflanzliche Nahrung nicht annähernd so gut verwerten wie die Kuh – ein
       Aspekt, der in der Diskussion erstaunlich oft übergangen wird.
       
       ## Monokulturen statt Fleisch
       
       Um in einer besseren Zukunft die Weltbevölkerung angemessen ernähren zu
       können, wird man um Fleisch nicht umhinkommen, will man nicht die letzten
       Regenwaldflächen auch noch in Soja-Monokulturen umwandeln und der
       Artenvielfalt damit endgültig den Garaus machen. Abgesehen davon ist ein
       größerer Teil der Menschen auch gar nicht willens, auf Steak oder Döner zu
       verzichten.
       
       Da wäre es doch verlockend, Fleisch nicht mehr von Tieren, sondern von
       Maschinen produzieren zu lassen. Finden nicht nur Tierrechtler, sondern
       auch wirtschaftlich orientierte Biotech-Unternehmen, die deshalb seit
       einiger Zeit daran forschen. Mit der Industrie gegen die industrialisierte
       Landwirtschaft – richtig lecker klingt das nicht. Trotzdem lohnt ein Blick.
       
       Verschiedene Techniken wurden diskutiert, nun meldet die US-amerikanische
       Firma Modern Meadow den angeblichen Durchbruch. Eine Flüssigkeit mit Zellen
       soll in stabile Form gegossen und anschließend im Bioreaktor zu
       verzehrbarem Synthetikfleisch herangezogen werden. „Bioprinting“ heißt das,
       weil ein 3-D-Drucker aus Biotinte dann ein Steak drucke. Ein bekannter
       Investmentfonds fand den krude klingenden Plan so überzeugend, dass er
       mehrere hunderttausend Dollar dafür springen ließ. Modern Meadow träumt von
       einer Fleisch- und Lederproduktion, die weniger Wasser, Fläche und Energie
       verbraucht als herkömmliche Viehwirtschaft und die zugleich das leidige
       ethische Problem der Massentierhaltung löst. Die eierlegende Wollmilchsau,
       sie wäre ein schnöder Fleischdrucker.
       
       ## In der Medizin Realität
       
       Es ist sicher kein Fehler, diese PR-Verlautbarungen mit Skepsis zu
       betrachten. Trotzdem: Völlig weltfremd sind solche Überlegungen nicht.
       Synthetisches Gewebe ist in der Medizin längst Realität, und der wachsende
       wirtschaftliche wie ethische Druck verlangt neue Lösungen für die
       Welternährung. Bis es allerdings eines Tages so weit ist, dass große Düsen
       auf Knopfdruck Duroc-Koteletts oder Entrecote vom Irischen Weiderind aufs
       Fließband schäumen, wird wohl noch einige Forschungs- und später
       Überzeugungsarbeit beim Konsumenten nötig sein.
       
       Vielleicht wäre der von Douglas Adams in „Per Anhalter durch die Galaxis“
       ersonnene Weg kürzer: Nutztiere zu züchten, die ganz scharf darauf sind,
       geschlachtet zu werden. Da hätten die Ethiker wenigstens reichlich
       Diskussionsstoff. Fürs Erste allerdings wäre schon allen geholfen, würden
       einfach mehr Menschen weniger und dafür hochwertigeres, aus tiergerechter
       Haltung stammendes Fleisch essen.
       
       Update 23.8.: Autor Heiko Werning antwortet in seinem taz-Blog
       „Reptilienfonds“ [1][ausführlich auf Kommentare].
       
       20 Aug 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://blogs.taz.de/reptilienfonds/2012/08/23/druckerschnitzel-und-soja-felder-dieser-text-hat-mehr-als-3-600-zeichen/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heiko Werning
       
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