# taz.de -- Dänemark verbietet Weichmacher: Der EU ein paar Schritte voraus
       
       > Die EU hat die Entscheidung über das Verbot mehrerer Weichmacher immer
       > wieder aufgeschoben. Die dänische Regierung hat die Chemikalien nun im
       > Alleingang verboten.
       
 (IMG) Bild: Spermienschädigend? Die verbotenen Weichmacher kommen auch in Zahnbürsten vor.
       
       STOCKHOLM taz | Sie heißen Diethylhexylphthalat (DEHP) oder
       Di-n-butylphthalat (DBP). Sie kommen als Weichmacher in Kunststoffprodukten
       wie Zahnbürsten, Wachstüchern, Duschvorhängen oder Fußbodenbelägen vor. Wie
       alle chemischen Verbindungen, die aus sehr kleinen Molekülen bestehen,
       können sie das Hormonsystem des menschlichen Körpers beeinflussen und
       stehen damit in Verdacht, die Qualität männlicher Spermien zu schädigen
       oder die Entwicklung des Fötus im Mutterleib zu stören.
       
       Zusammen mit zwei weiteren Phthalaten – Diisobutylphthalat (DIBP) und
       Butylbenzylphthalat (BPP) – werden sie ab Herbst in Dänemark verboten. Die
       Regierung in Kopenhagen ist die erste in der EU, die diesen Schritt macht.
       Damit riskiert sie einen Konflikt mit Brüssel.
       
       „Wir warten jetzt nicht mehr auf die EU“, erklärte die sozialistische
       dänische Umweltministerin Ida Auken in der vergangenen Woche: „Unsere
       Bürger sollen sicher sein, dass sie keine Produkte im Handel finden, die
       für sie oder ihre Kinder gesundheitsschädlich sein könnten“, so die
       Ministerin. Dem von der EU-Kommission bereits angedrohten Schritt eines
       Vertragsverletzungsverfahrens sehe sie mit Gelassenheit entgegen: Die EU
       könne ihren Mitgliedsländern nicht verbieten, ihre Bürger zu schützen, vor
       allem dann nicht, wenn sie es nicht geschafft habe, eigene Regeln zu
       entwickeln.
       
       Tatsächlich hat die EU mögliche Anwendungsbechränkungen oder
       Verkaufsverbote für die fraglichen Phthalate mehrfach verschoben. Derzeit
       wartet die Kommission auf eine Risikobewertung der Europäischen
       Chemiekalienbehörde, eine Entscheidung ist für nächstes Frühjahr
       angekündigt.
       
       Doch laut Auken könnten auch danach noch drei bis vier Jahre vergehen, bis
       ein entsprechendes EU-weites Verbot in Kraft tritt: „Es gibt eine starke
       Chemielobby in Brüssel, und die wird versuchen, das auf die lange Bank zu
       schieben“, kritisiert sie. Dabei gibt es bereits als ungefährlicher
       geltende Ersatzstoffe, so dass ein schnelles Verbot der hier infrage
       stehenden als besonders gefährlich angesehenen Phthalate unproblematisch
       wäre. Drei von ihnen – DEHP, DBP und BPP – sind auf EU-Ebene auch schon
       seit 2006 in Spielzeug und Babyartikeln verboten.
       
       ## Unwahrscheinlicher Konflikt
       
       Dänemark hatte in der Vergangenheit mehrfach eine Vorreiterrolle gespielt,
       was das Verbot hormonbeeinflussender Chemikalien angeht. Neben Phthalaten
       hatte sich die Regierung vor allem gegen Bisphenol-A eingesetzt. Peter
       Østergaard Have von der Chemieabteilung der Umweltbehörde Miljøstyrelsen
       hält es aufgrund dieser Erfahrungen für eher unwahrscheinlich, dass die EU
       mit ihren Drohungen gegenüber Kopenhagen ernst macht: Das mache keinen
       Sinn, da Brüssel je selbst ein Verbot anstrebe.
       
       Den dänischen Alleingang begrüßt der Kopenhagener Reproduktionsforscher
       Niels Erik Skakkebæk: Es gebe zwar keine absolute Sicherheit, ob die
       kräftig gefallene Spermienqualität dänischer Männer auf Einwirkung von
       Phthalten zurückzuführen sei, doch solle das Vorsorgeprinzip gelten.
       
       Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert nun auch ein
       Verbot in Deutschland. „Es ist nicht einzusehen, warum die Bundesregierung
       die deutschen Bürger schlechter schützen will, als es Kopenhagen mit den
       dänischen Bürgern macht“, sagt Sarah Häuser, Chemikalienexpertin der
       Organisation. Bei den von Dänemark verbotenen Phthalaten handele es sich um
       genau diejenigen, die der BUND im vergangenen Jahr in teilweise hohen
       Konzentrationen in Kitas nachgewiesen habe.
       
       26 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Europäische Kommission
       
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