# taz.de -- Paralympics in London: Die andere Party
       
       > Am Mittwoch beginnen die Weltspiele der behinderten Sportler in London.
       > Fast alle Tickets sind verkauft. Premier Cameron ist schon wieder ganz
       > stolz.
       
 (IMG) Bild: Bei den Paralympics in London kämpfen dieser Tage 4.200 AthletInnen um Gold, Silber und Bronze.
       
       Dauerfeier in London. Zwei Wochen nach den Olympischen Spielen stand die
       nächste Party an – mit Reggae, Soca und karibischem Schwung bei Europas
       größtem Straßenfest in Notting Hill. Die Londoner, die dabei waren, gingen
       am Montagabend mit schwerem Kopf und schmerzenden Beinmuskeln nach Hause.
       Da redeten alle schon vom nächsten Fest in London: Heute werden die
       Paralympics eröffnet.
       
       Es ist schwer, da noch mitzuhecheln. Aber ein bisschen leichter als die
       Olympischen Spiele werden die Londoner die Paralympics schon nehmen. Sie
       sind nicht ganz so gewaltig wie die Spiele, die vor gut zwei Wochen
       endeten. 10.500 Sportler waren bei Olympia angetreten, bei den Paralympics
       sind es nur 4.200 – auch wenn es eigentlich ein paar Beine mehr sind, die
       da gezählt werden müssten, die der Hilfs- und Blindenhunde einiger
       Athleten.
       
       Alles ist ein wenig kleiner bei den Paralympics – auch das Medieninteresse.
       Statt 20.000 sind nun noch 6.500 Medienvertreter akkreditiert. Die
       Managerin des Hilfsteams für die Sportler am Flughafen Heathrow findet, es
       sei diesmal zwar ruhiger, aber nicht unbedingt leichter. „Die Sportler mit
       Behinderungen sollen sich genauso wohl fühlen wie die ohne Behinderungen“,
       sagt sie an dem Tag, an dem auch die deutschen Athleten in London
       eingetroffen sind. Die können sich auf gut besuchte Wettkämpfe freuen.
       
       2,3 Millionen Karten der 2,5 Millionen Tickets wurden bereits verkauft. Für
       die Olympischen Spiele waren viermal so viele Tickets im Angebot. Londons
       Taxifahrer haben deshalb kaum Hoffnung, das schlechte Geschäft der
       Olympiade mit den Paralympics zu retten, auch wenn jetzt statt 63 Kilometer
       nur 14,4 Kilometer für offizielle Paralympics-Fahrzeuge reserviert sind.
       
       ## „Ja, finde ich gut.“
       
       Wer Londoner fragt, wie sie die Olympischen Spiele finden, erhält fast
       immer die gleichen Antworten: „Ja, finde ich gut.“ Oder: „Die haben gegen
       Beeinträchtigungen und Vorurteile gekämpft, um hier zu starten.“ Die
       meisten kennen zwar Parasport vom Londoner Marathon, aber ansonsten wird
       bis auf Oskar Pistorius kaum ein Name genannt.
       
       Der Londoner Frank schimpft: Die Berichterstattung der Medien habe daran
       schuld. Dieser Meinung ist auch Karim: „Die Trennung der Olympischen Spiele
       und der Paralympics ist symbolisch für das Fehlen Behinderter in der
       Gesellschaft.“ Derweil lobt sich das Londoner Organisationskomitee dafür,
       dass beinahe alle Karten verkauft worden seien. Das würde die Londoner und
       Briten „noch stolzer machen“, behauptet Premierminister David Cameron.
       
       Es ist genau das, was einige andere hassen, das Gerede vom Stolz und der
       großen Nation war schon während der Spiele nicht zu überhören. Steve und
       Maria, beide mit Behinderungen, nennen die Großevents eine Verschwendung
       von Steuergeldern. Die Tatsache, dass die mit den Paralympics jetzt noch
       weitergehe, bringt sie auf. Sie hätten es lieber gesehen, wenn neue
       Krankenhäuser gebaut worden wären.
       
       Derweil begegnet man ersten paralympischen Athleten in dem nagelneuen
       Einkaufszentrum, das direkt neben dem Olympiadorf liegt. Die Supersportler
       der Paralympics sitzen in den Cafés und bummeln durch die Ladenstraßen. Es
       ist dies durchaus kein gewohntes Bild in London.
       
       ## Medaillenwettkampf im U-Bahn-Netz
       
       Boris Johnson, der Bürgermeister der Stadt, und die Olympiaoganisatoren
       mussten Hunderte Millionen Pfund in das öffentliche Verkehrsnetz
       investieren, um es für Menschen mit Behinderungen besser zugänglich zu
       machen. Ein perfektes System ist es dennoch noch lange nicht.
       
       Vielleicht sollte einer der 503 Medaillenwettbewerbe im Londoner
       U-Bahn-Netz stattfinden. Es wäre ein harter Kampf. Martin, der selbst
       Rollstuhlfahrer ist, findet, dass er schon oft eine U-Bahn-Medaille hätte
       bekommen müssen. Wer hier mit der Tube, der Londoner U-Bahn, oder mit dem
       Bus fahren will und auf einen Rollstuhl angewiesen ist, sei schon gut für
       die Paralympics trainiert. Martin freut sich trotzdem auf die Wettbewerbe.
       Alle sollten die Leistungen der Sportler sehen, dann wäre die Welt anders,
       meint er.
       
       28 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn
       
       ## TAGS
       
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