# taz.de -- Kieler Occupy-Camp bedroht: Warten auf die Räumung
       
       > Seit zwei Wochen will der grüne Bürgermeister Peter Todeskino das
       > Zeltlager räumen lassen - doch die für Samstag erwartete Polizei tauchte
       > nicht auf.
       
 (IMG) Bild: Occupy-Camp in Kiel: Am Samstag lief die Duldung durch die Behörden aus.
       
       KIEL taz | Es ist ein überraschend ruhig an diesem Samstag im Occupy-Camp
       in Kiel. Die Räumung droht, veranlasst durch Bürgermeister Peter Todeskino
       (Grüne), doch die Leute am Tresen hinter dem Hauptzelt erzählen, dass die
       Polizei da gewesen sei und signalisiert habe, dass heute nichts passieren
       werde.
       
       Die Szenerie in der Grünanlage ist eine Mischung aus improvisiertem
       Campingplatz und politischem Informationsstand: Leute sitzen an einer
       Tonne, in der ein Feuer brennt, jemand schält Kartoffeln. Am Mittag will
       sich die Ratsfraktion der Linken zu einer Sitzung im Camp treffen, und bis
       Montag laufen Aktionstage unter dem Motto „Yes we camp“.
       
       Matthias Craven sammelt Unterstützerunterschriften. Er will für Occupy bei
       der anstehenden Oberbürgermeisterwahl kandidieren. In zehn Tagen müssen er
       und seine Leute insgesamt 245 Wählerinnen und Wähler zur Unterschrift
       bewegen, damit die Kandidatur möglich wird: 155 haben sie schon. Die Leute
       sollten Menschen, die nicht passen, abwählen, sagt Craven. Die Krise sei
       nicht zu Ende, auch der Protest müsse weitergehen.
       
       Zwischen zehn und 25 Leute wohnen ständig im Occupy-Camp, 30 bis 50 kommen
       jeden Tag, bei Veranstaltungen sind es noch mehr. Seit zwei Wochen, erzählt
       Camper Joachim Müller, haben sie die Räumungsverfügung auf dem Tisch. Als
       der heutige Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) noch Oberbürgermeister
       gewesen sei, hätte er dem Camp einen Besuch abgestattet und eine Duldung
       ausgesprochen.
       
       Die Camper bezweifeln, dass der amtierende Bürgermeister über ausreichende
       demokratische Legitimation verfügt, eine Räumung anzuordnen; eine
       angebotene Alternative sei nicht hinnehmbar. „Wir sind Occupy, wir wollen
       besetzen“, sagt Aktivist Sebastian Becker. Ihm kommt es darauf an, mit
       Besuchern zu reden und sie über die aktuelle Politik aufzuklären – rund um
       die Uhr.
       
       Florian Jansen, Stadtrat der Linken, leitet die Fraktionssitzung zum Thema
       „Wem gehört der öffentliche Raum?“. Schnell ist der Zusammenhang
       hergestellt mit einem zweiten kommunalen Aufreger: Eine Möbelhauskette will
       auf städtischem Grund und Boden, der bislang für Kleingärten genutzt wurde,
       bauen. Joachim Müller sagt, das Camp sei eine „lächerlich kleine Fläche“
       und für das Möbelhaus seien mehrere Hektar platt gemacht worden, die einst
       als Armengärten angelegt worden seien. Das Geschäft sei hinter
       verschlossenen Türen abgewickelt worden.
       
       Unter den Teilnehmern der Sitzung ist auch der grüne Bundestagsabgeordnete
       Arfst Wagner. Mit scharfen Worten, die er nicht wörtlich zitiert sehen
       will, sagt er, dass Gremien seiner Partei auf Distanz zu Bürgermeister
       Todeskino gegangen seien. Er bezweifle nicht, dass dieser die Räumung
       durchziehen werde. „Die Sachthemen müssen weitergehen“, sagt Wagner, durch
       die Auseinandersetzung um den Platz werde Zeit verplempert. Man müsse einen
       Ort finden, ohne bei der Stadt zu betteln. Ein paar Stunden später fordert
       Wagner per Presseerklärung beide Seiten auf, sich zu bewegen und die
       Räumung auszusetzen.
       
       Kiels Rathaussprecher Tim Holborn bekräftigt, dass die Räumung kommt: Der
       Ort sei eine öffentliche Grünanlage und für Wohnzwecke nicht vorgesehen.
       Auf Albigs Duldung angesprochen erklärt er, zwei Brände auf dem Gelände
       seien der Auslöser gewesen, die Situation „neu zu bewerten“. Bis
       Redaktionsschluss ließ die Räumung jedoch weiter auf sich warten.
       
       2 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Berno Timm
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Das Ende des Kieler Occupy-Camps: Grüne Räumung
       
       Die Polizei hat das Occupy-Camp in Kiel aufgelöst und so die Anordnung des
       grünen Bürgermeisters umgesetzt. Neuer Treffpunkt der Gruppe ist ein
       Kleingarten
       
 (DIR) Eine Nacht bei Occupy in Kiel: Diskutieren statt schlafen
       
       Die Zahl der Zelte zwischen Banken und Rathaus wächst. Bei den nächtlichen
       Diskussionen an der Feuertonne kreuzen auch Verbindungsstudenten auf, doch
       die Toleranz der Occupy-Bewegung hat Grenzen: Drogen sind in Kiel nicht
       zugelassen.