# taz.de -- Völkermordtribunal in Kambodscha: Demenz statt Knast
       
       > Das kambodschanische Rote-Khmer-Tribunal streitet über eine mutmaßlich
       > demente Hauptbeschuldigte. Der Premier will weitere Prozesse verhindern.
       
 (IMG) Bild: Angeklagt wegen Völkermordes: Die 80-jährige Ieng Thirith war Sozialministerin der Roten-Khmer.
       
       BANGKOK taz | Ist Ieng Thirith, einst Sozialministerin der Roten Khmer,
       verhandlungsfähig? Ein vom internationalisierten Gerichtshof in Phnom Penh
       ernanntes Expertengremium erklärte, die 80-Jährige sei es nicht. Ihr
       Zustand habe sich nicht verbessert, seit der Prozess gegen sie Ende 2011
       wegen beginnender Demenz ausgesetzt worden war. Dieser Meinung widerspricht
       die kambodschanische Psychiaterin Chak Thida: Ieng Thirith habe keine
       Demenz, allenfalls leide sie an einem Vorstadium.
       
       Allerdings vertritt nun offenbar auch die Staatsanwaltschaft die Ansicht,
       dass die Exsozialministerin verhandlungsunfähig ist, und fordert, diese zu
       entlassen. Ihr Pass bleibt eingezogen, auch darf sie keinen Kontakt zu den
       anderen Angeklagten haben, mit Ausnahme ihres auch vor Gericht stehenden
       Mannes, des Exaußenministers Ieng Sary. Eine Entscheidung des Gerichts
       steht noch aus.
       
       Seit das UN-gestützte Tribunal 2006 offiziell seine Arbeit aufnahm, ist mit
       dem einstigen Folterchef „Duch“ erst ein einziger Exfunktionär der Khmer
       Rouge zu „lebenslänglich“ verurteilt worden. Neben Ieng Thirith und ihrem
       Ehemann Ieng Sary wurden der frühere Chefideologe Nuon Chea sowie
       Exstaatschef Khieu Samphan wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt.
       
       Was dem von Finanznöten geplagten Gericht am meisten zu schaffen macht,
       sind Vorwürfe politischer Einflussnahme. Vor allem Kambodschas Premier will
       weitere Ermittlungen verhindern: Hun Sen, selbst ein 1977 zu den
       Vietnamesen übergelaufener Exoffizier der Roten Khmer, sagte, er werde
       außer den Prozessen gegen die fünf Exfunktionäre keine weiteren
       Verhandlungen zulassen.
       
       Die Anklage fordert jedoch, weitere Kader des damaligen Regimes zu
       belangen, so Exmarinekommandant Meas Mut und Exluftwaffenchef Sou Met. 2011
       hatten ein Koankläger sowie Menschenrechtler dem deutschen
       Untersuchungsrichter Siegfried Blunk und dessen kambodschanischem Kollegen
       You Bunleng vorgeworfen, unzureichend ermittelt zu haben.
       
       Blunk bestritt, sich Druck von außen gebeugt zu haben, trat aber im Oktober
       2011 aus Protest gegen von ihm selbst als „Einmischungen“ bezeichnete
       Äußerungen kambodschanischer Regierungsvertreter zurück. Sein Nachfolger,
       Laurent Kasper-Ansermet, warf inzwischen auch das Handtuch. Er habe sein
       Amt nicht frei und korrekt ausführen können, sagte der Schweizer und
       kritisierte den Widerstand seines Kollegen You Bunleng, den Täterkreis zu
       erweitern. Während des Regimes der Roten Khmer 1975–1979 starben mindestens
       1,7 Millionen Menschen.
       
       3 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
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