# taz.de -- Parlamentswahl in Kambodscha: Opposition will Ergebnis anfechten
       
       > Die Partei des autoritären Premierministers Hun Sen erleidet
       > Stimmenverluste. Die erstarkte Opposition fordert eine Überprüfung.
       
 (IMG) Bild: Oppositionsführer Sam Rainsy fordert am Montag eine Überprüfung der Ergebnisse der Wahl vom Vortag.
       
       BANGKOK taz | Die Zugewinne der Opposition bei der Parlamentswahl vom
       Sonntag sind so deutlich wie überraschend. Trotzdem erklärte die Nationale
       Rettungspartei (CNRP) unter Oppositionsführer Sam Rainsy, sie werde die
       Wahl anfechten.
       
       „Wir können das Ergebnis nicht akzeptieren, weil wir ernsthafte
       Unregelmäßigkeiten festgestellt haben“, verkündete die CNRP am Montag. Sie
       verlangt eine unabhängige Untersuchung innerhalb der nächsten vier Wochen.
       Notfalls müsste die Abstimmung wiederholt werden. Auch Menschen- und
       Bürgerrechtler beklagten weitreichende Manipulationen.
       
       Derweil schweigt das Regierungslager. Die Kambodschanische Volkspartei
       (CPP) unter dem seit knapp drei Jahrzehnten amtierenden Premier Hun Sen
       hatte sich zwar zur Wahlsiegerin erklärt. Ihre massiven Verluste aber
       kommentierte sie nicht. Sie kommt nach den vorläufigen Ergebnissen nur noch
       auf 68 der 123 Sitze. Vor fünf Jahren hatte sie noch 90 Mandate errungen.
       
       Die „Rettungspartei“ konnte diesmal 55 Sitze gewinnen. Zuvor hatten die
       „Sam-Rainsy-Partei“ und die „Menschenrechtspartei“ des früheren Aktivisten
       Kem Sokha, die sich erst 2012 zur CNRP vereinigt hatten, gemeinsam nur 29
       Sitze innegehabt.
       
       ## Opposition erstmals geeint
       
       So dürfte die Bündelung der oppositionellen Kräfte dazu beigetragen haben,
       dass Sam Rainsy und seine Mitstreiter Boden gutmachen konnten. Rainsy, dem
       aufgrund eines politisch motivierten Prozesses vor Kurzem noch eine
       elfjährige Haftstrafe gedroht hatte, wurde begnadigt und durfte noch vor
       den Wahlen aus dem Exil zurückkehren. Ausgerechnet Erzrivale Hun Sen hatte
       beim König ein Gnadengesuch eingereicht – allerdings nicht ohne
       Hintergedanken. Denn zur Wahl aufstellen lassen durfte sich Rainsy nicht
       mehr: Lakonisch hieß es nur, die Frist für die Registrierung sei
       verstrichen.
       
       Dennoch verlieh die Anwesenheit ihrer Führers der Opposition weiteren
       Aufschwung. Schon seit einiger Zeit habe die CNRP die Massen angezogen,
       denn viele Menschen seien beseelt von dem Wunsch nach Wandel, hatte der
       unabhängige Analyst Lao Mong Hay erklärt. Schon er sagte voraus, die
       Opposition könne der Regierung Stimmen abjagen.
       
       Hun Sen schien Ähnliches gewittert zu haben: So wurden Wählerlisten
       massiver denn je manipuliert. Während „Phantomwähler“ ins Register gehievt
       wurden, suchten mehr als eine Million Wahlberechtigte vergeblich ihre Namen
       in den Listen. Staatsbedienstete sowie in der Regel CPP-treue Polizisten
       und Militärs wurde dazu angehalten, entsprechend Druck auf Wähler
       auszuüben, für die Regierungspartei zu stimmen.
       
       Nicht zuletzt verstieg sich der autokratische Premier zu der Aussage, dass
       Land könne nur stabil bleiben, wenn seine „Volkspartei“ an der Macht
       bleibe. Er prognostizierte, Kambodscha werde im Bürgerkrieg versinken,
       sollte die CPP verlieren.
       
       ## Bei jüngeren Wählern verfangen Hun Sens Drohungen nicht
       
       Doch anscheinend zogen diese Drohungen insbesondere beim jüngeren Wahlvolk
       nicht: Von Kambodschas rund 9,6 Millionen Wahlberechtigten sind 3,5
       Millionen Menschen zwischen 18 und 30 Jahre alt. Sie haben das Terrorregime
       der Roten Khmer, das einen jahrelangen Bürgerkrieg nach sich gezogen hatte,
       nicht erleiden müssen.
       
       Hun Sen hat auch längst den Bogen überspannt: Politische Morde, Korruption,
       Landraub, eine marode Justiz sowie Gewalt gegen demonstrierende
       ArbeiterInnen kennzeichnen seinen autoritären Führungsstil. Die Opposition
       hingegen hat versprochen, gegen die Missstände vorzugehen.
       
       Doch wie es jetzt weitergeht, ist offen: Der von der CNRP geforderten
       unabhängigen Untersuchung dürfte Hun Sen kaum zustimmen. Experten wiesen
       schon darauf hin, dass für die konstituierende Sitzung des Parlaments eine
       Mindestanzahl von 120 Abgeordneten nötig sei. Sollte sich die Opposition zu
       einem Boykott entschließen, würde das Land wie schon zehn Jahre zuvor
       zunächst ohne funktionierende Regierung dastehen.
       
       29 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
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