# taz.de -- Populismus in Japan: Partei der frustrierten Mittelschicht
       
       > Der rechtspopulistische Atomkraftkritiker Toru Hashimoto hat in Japan
       > eine neue Partei gegründet. Er will das Land erneuern und die Verfassung
       > ändern.
       
 (IMG) Bild: Rechtspopulist Toru Hashimoto (links) will die japanische Verfassung und das Parteinsystem ändern.
       
       TOKIO taz | In Japan zeichnet sich eine grundlegende Veränderung des
       Parteiensystems ab. Der rechtspopulistische Bürgermeister von Osaka, Toru
       Hashimoto, hat am Wochenende eine neue Partei gegründet, die bei den
       Parlamentswahl im kommenden Jahr zur entscheidenden dritten Kraft werden
       könnte. Ihr Name „Restaurationspartei für Japan“ ist Programm.
       
       Der 43-jährige Neokonservative will die von den USA oktroyierte Verfassung
       umbauen und das Land erneuern. Seine Bewegung tritt dafür ein, das Oberhaus
       abzuschaffen, die Zahl der Abgeordneten im Unterhaus zu halbieren und den
       Premierminister direkt wählen zu lassen. Japan solle eine eigene
       Verteidigungsfähigkeit entwickeln, was auf eine massive Aufrüstung
       hinauslaufen würde. Hashimoto profilierte sich zugleich als
       Atomkraftgegner, markierte aber auch den starken Mann, als er kürzlich
       Mitarbeiter der Stadtverwaltung von Osaka wegen ihrer Tattoos in den
       Innendienst abkommandierte.
       
       Der ehrgeizige Politiker hat sich aus kleinen Verhältnissen durch das
       elitäre Bildungssystem nach oben gearbeitet und wurde als Fernsehanwalt
       bekannt. Zuerst als Gouverneur – er war der jüngste des Landes – und jetzt
       als Bürgermeister von Japans zweitgrößter Metropole Osaka kämpft er für
       eine Schwächung der Zentralregierung zugunsten der Regionen.
       
       Im Frühjahr gründete er ein Bildungsinstitut für Neupolitiker, die bei den
       kommenden Wahlen in zwei Drittel der nationalen Wahlbezirke antreten
       sollen. Die knapp 900 Absolventen der Politikerschule sind zu 90 Prozent
       männlich, zwischen 30 und 40 Jahre alt und gehören als Anwälte, Ärzte,
       Journalisten und Lokalpolitiker Japans frustrierter städtischer
       Mittelschicht an.
       
       Nach zwei Jahrzehnten Dauerstagnation hatten solche Wähler vor drei Jahren
       die Liberaldemokratische Partei (LDP) nach fünfzig Jahren der
       Dauerregierung abgewählt. Doch die siegreiche Demokratische Partei hat
       seitdem die Hoffnungen auf Veränderung maßlos enttäuscht.
       
       Die Parallelen mit dem Deutschland der dreißiger Jahre sind so auffällig,
       dass Kritiker das Programm von Hashimoto als „Hashismus“ brandmarken und
       ihn als „Diktator“ und „neuen Hitler“ abstempeln. Eine ähnliche Philosophie
       habe zum Aufstieg des japanischen Militarismus nach 1930 geführt, meinte
       LDP-Chef Sadakazu Tanigaki. Achtzig Jahre später verzweifeln die Japaner
       erneut an ihren reformunfähigen Beamten und Politikern. Allerdings hat
       Hashimoto seine Erfolgschancen selbst beschränkt: Er werde nicht selbst zur
       Wahl antreten, erklärte er, sondern Bürgermeister von Osaka bleiben.
       
       10 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Fritz
       
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