# taz.de -- Kolumne Nebensachen aus Ostkongo: Ein Geist leitet die Bürgerwehr
       
       > Spukgeschichten im kongolesischen Dschungel: „Verärgertes Volk“ genannte
       > Milizen schützen Dörfer vor Rebellen – der Anführer ist ein „Geist“ mit
       > Handy.
       
 (IMG) Bild: Vertrieben: Flüchtlinge im Ostkongo.
       
       Wie Spukgeschichten geistern derzeit Mythen von den Raia-Mutomboki durch
       den ostkongolesischen Dschungel. „Raia Mutomboki“ heißt übersetzt das
       „verärgerte Volk“ – selbst organisierte Bürgerwehren, die die Einwohner der
       abgelegenen Urwalddörfer vor Rebellen schützen.
       
       „Ihr Anführer ist ein Geist“, berichtet eine UN-Ermittlerin. „Sie machen
       sich mit Hokuspokus vor Gewehrkugeln unverwundbar und gehen dann mit
       Macheten auf uns los“, erzählt ein Rebellenkommandeur, der sich aus Furcht
       mit 67 seiner Kämpfer der UNO ergeben hatte. „Wir sind vor ihnen auf der
       Flucht“, sagen Rebellenkommandeure am Telefon und schicken Fotos per E-Mail
       von Massakern.
       
       Es scheint, als wimmle es im Regenwald nur so vor Geistern und „verärgerten
       Menschen“. Nur, sie zu finden, ist gar nicht so einfach. Als der
       UNO-Hubschrauber uns tief im Dschungel absetzt, gibt es kein Zurück. 150
       Kilometer kämpfen wir uns mit Motorrädern weiter – zwei Tage lang durch das
       Urwalddickicht: über umgekippte Baumstämme, durch knietiefe Flüsse und
       matschige Pfützen. Am Ende des Trampelpfades liegt das Dorf Nduma. Hier
       waren die Raia Mutomboki entstanden.
       
       Nduma gleicht einem Garten Eden: Mango, Guaven, Zitronen, Bananen hängen
       von den Bäumen. Doch hier regiert der Schrecken: Jenseits der Obstplantagen
       ragt der Regenwald empor, wo sich die Rebellen verstecken. Verkohlte
       Überreste der Hütten färben den weißen Sand schwarz. Nduma war viermal
       abgebrannt. Zuletzt im Mai. Rebellen und Soldaten der Armee hatten die
       Dächer angezündet. Jetzt leben die Einwohner in Behausungen aus
       Bananenblättern.
       
       Die Leute sitzen beim Abendessen: Affenfleisch mit Cassava-Paste. Der
       Priester verspricht, jemanden in den Wald zu schicken, um den
       Raia-Mutomboki-Anführer zu holen. Trommeln kündigen seine Ankunft an. Der
       kleine Mann trägt einen Trainingsanzug und Gummistiefel. Er ist kein Geist,
       sondern lediglich ein Jurist, der seine Wut über die feindlichen Rebellen
       und die Ungerechtigkeit herausschreit. Als ich ihn auf die Gerüchte mit dem
       „Geist“ anspreche, lacht er – und gibt mir die Nummer seines
       Satellitentelefons.
       
       17 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
       
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