# taz.de -- Kommentar EU-Zukunftspläne: Vision Europa
       
       > Europa kann nur mit mehr Bürgernähe und Demokratie lebenswerter gemacht
       > werden. Dem populistischen Nationalismus muss die Stirn geboten werden.
       
       Von Helmut Schmidt stammt bekanntlich der Satz, wer Visionen hat, sollte
       zum Arzt gehen, nicht aber in die Politik. Von diesem – unsinnigen – Spruch
       haben sich die elf Außenminister der Europäischen Union nicht beeindrucken
       lassen. Im Gegenteil. In ihrem Bericht zur „Zukunft Europas“ legen sie
       Gedanken und Vorschläge auf, die die politische Union endlich aus der
       Schockstarre der Finanz- und Schuldenkrise befreien und wieder zum
       politischen Akteur auf der Weltbühne machen sollen.
       
       Das Papier mischt dabei eine Reihe von kurzfristigen pragmatischen
       Reformansätzen mit langfristigen visionären Zielen, die unter der
       weitläufigen Parole „Mehr Europa“ schon Eingang in die Debatte gefunden
       haben. Statt pragmatischer Wurstelei, wie sie bisher in der Krise
       vorherrschte, sollen jetzt visionäre Konzepte das Vertrauen der EU-Bürger
       neu gewinnen.
       
       Man mag einwenden, dass Papier geduldig ist und viele Projekte irgendwann
       sang- und klanglos untergehen werden. Dennoch ist es einfach wohltuend,
       einmal zu lesen, dass sich verantwortliche EU-Politiker nicht nur Gedanken
       über die Rettung von Banken oder den Krümmungsgrad der Gurke machen,
       sondern um die Demokratisierung der Institutionen, um die Stärkung des
       Europäischen Parlaments und die Beteiligung der Bürger.
       
       So sollen die Fraktionen je einen europäischen Vorsitzenden haben, der als
       Gesicht in ganz Europa bekannt wird. Der Kommissionspräsident soll vom Volk
       direkt gewählt werden. Längst überfällig, aber gut so.
       
       Die Botschaft ist klar: Europa muss attraktiver werden, mehr Bürgernähe,
       mehr Demokratie wagen und ein kontinentales Selbstwertgefühl schaffen, das
       dem populistischen Nationalismus, der gerade eine Blütezeit erlebt, Paroli
       bietet.
       
       Das würde Europa in der Tat lebenswerter machen. Der Plan, den Kontinent
       durch einen „Europäischen Grenzschutz“ noch strikter abzuschotten, passt
       dagegen nicht in das Bild eines offenen, agierenden Europas.
       
       18 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Baltissen
       
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