# taz.de -- Kommentar Transplantationsskandal: Kontrolle reicht nicht
       
       > Um die Wirtschaftlichkeit zu steigern, wird in Kliniken mehr
       > transplantiert, als nötig. Mit Fallpauschalen und ohne Strafen wird sich
       > in Zukunft nichts ändern.
       
       BERLIN taz | Es dürfte Wochen, wenn nicht Monate dauern, bis die
       Manipulationsvorwürfe von Regensburg, Göttingen, München (und welche
       Unikliniken da noch kommen mögen) aufgeklärt sein werden. Schon jetzt aber
       steht fest, dass schärfere Kontrollen allein nicht ausreichen werden, um
       Unregelmäßigkeiten in der Organvergabe künftig zu verhindern.
       
       Solange die Richtlinien der Bundesärztekammer für die Organzuteilung
       intransparent sind und Interpretationsspielräume lassen – ab wann etwa eine
       Lebertransplantation bei einem Tumorpatienten noch sinnvoll ist und ab wann
       sie lediglich eine schöne Geldeinnahme für die sie durchführende Klinik
       darstellt –, werden Ärzte in Versuchung geraten zu betrügen.
       
       Das liegt an dem wirtschaftlichen Druck, unter dem die Kliniken stehen,
       seit Therapien nicht mehr nach ihrem tatsächlichen Aufwand vergütet werden,
       sondern nach Fallpauschalen. Dazu kommt die Konkurrenz der Zentren
       untereinander. Nur wer eine Mindestanzahl von Transplantationen nachweist
       (was aus Patientensicht, Stichwort Erfahrung, sinnvoll ist), behält die
       Lizenz. Ein Verlust aber führt eben auch dazu, dass viele Patienten die
       Klinik gar nicht mehr aufsuchen. Auch das erhöht den Anreiz, regelwidrig zu
       transplantieren.
       
       Die Bundesärztekammer hat unlängst einige solcher Verstöße dokumentiert.
       Allein, rechtlich relevant genug war anscheinend keiner. Und genau das ist
       ein Problem: Solange mit 40 Euro bestraft wird, wer vergessen hat, eine
       Fahrkarte für die U-Bahn zu kaufen, aber mit 0 Euro bestraft wird, wer
       wider die Regeln ein Organ verpflanzt, stimmt etwas nicht. Und solange die
       Universitätsmedizin in Deutschland – anders als etwa in den USA oder
       Skandinavien – kein Kollegialsystem ist, sondern ein
       hierarchisch-despotisches Abhängigkeitssystem, in dem an Fakultäten ein
       einziger Ordinarius über sämtliche Karrieren entscheidet, wird in
       Deutschland die Kultur des Wegschauens und Verschweigens gefördert.
       
       30 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
       
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