# taz.de -- Pezzonis Probezeit bei Hertha BSC: Kevin, nicht mehr allein zu Haus
       
       > Kevin Pezzoni, in Köln von gewaltbereiten Fans bedroht und davongejagt,
       > spielt jetzt zur Probe bei Hertha BSC. Coach Luhukay lobt schon mal
       > dessen Stärken.
       
 (IMG) Bild: Neue Heimat Berlin? Kevin Pezzoni im Hertha-Dress.
       
       BERLIN taz | Als Kevin Pezzoni sich selbst in den eigenen vier Wänden nicht
       mehr sicher fühlen konnte, war seine Zeit in Köln abgelaufen. Gewalttätige
       Anhänger des FC hatten dem Verteidiger vor seiner Privatwohnung
       aufgelauert, ihn beleidigt und bedroht. Unbeschwertes Fußballspielen war
       für Pezzoni, der schon zuvor zur Zielscheibe der frustrierten Fans geworden
       war, damit unmöglich geworden.
       
       Nach der mit einem Schmerzensgeld von 300.000 Euro verbundenen
       Vertragsauflösung Anfang September flüchtete er nach England und
       absolvierte dort Trainingseinheiten bei den Zweitligisten Ipswich Town und
       Bristol City. Doch Pezzoni, der bereits in seiner Jugend vier Jahre für die
       Blackburn Rovers gespielt hatte, entschied sich gegen eine dauerhafte
       Flucht vor den bösen Erinnerungen. Vertragsangebote beider englischer Clubs
       lehnte er ab. „Als mein ganzer Ärger verarbeitet war, wollte ich doch
       lieber in Deutschland spielen“, sagt Kevin Pezzoni heute.
       
       Seit Dienstag ist der Abwehrspieler zurück im deutschen Fußball, als
       Probespieler bei Hertha BSC. Beim Training des Zweitligisten am
       Dienstagmorgen präsentierte sich Pezzoni austrainiert. Zuletzt hatte er
       sich bei den Amateuren seines Heimatvereins Eintracht Frankfurt
       fitgehalten. Nun ist er gewillt, die womöglich letzte Chance zu nutzen, in
       dieser Saison noch Profifußball zu spielen. Nach der anderthalbstündigen
       Trainingseinheit mit Passübungen und einem Spiel sieben gegen sieben gab
       sich Pezzoni alle Mühe, den Verantwortlichen und Fans der Hertha zu
       schmeicheln. Er sei „sehr froh, hier zu sein bei diesem großen Club“.
       
       Dass Pezzoni auf eine Anstellung in Berlin hoffen kann, ist der
       Verletzungsmisere der Hauptstädter geschuldet. Durch die langfristigen
       Ausfälle von Maik Franz (Schulteroperation) und Felix Bastians
       (Außenbandanriss), sind Trainer Jos Luhukay die Alternativen in der
       Innenverteidigung ausgegangen. Beim 3:0-Sieg am Freitagabend gegen 1860
       München standen der normalerweise für die Sechserposition im Mittelfeld
       vorgesehene Fabian Lustenberger und der erst 19-jährige John Brooks in der
       Zentrale, denn auch Christoph Janker und Roman Hubnik sind angeschlagen.
       
       ## „Köln ist passé, abgehakt“
       
       Angesprochen auf die Kölner Mobbing-Affäre reagierte Pezzoni gestern betont
       gelassen. „Köln ist passé, abgehakt. Wenn ich noch ein Problem damit hätte,
       wäre ich nicht hier.“ Bei Hertha ist man hingegen vorsichtig und möchte
       wohl genau prüfen, ob der 23-Jährige unbeschwert an die neue Aufgabe gehen
       und der Mannschaft zusätzliche Stabilität verleihen kann. Pezzoni wird die
       nächsten beiden Wochen mit Herthas dezimiertem Kader trainieren, erst
       danach soll eine Entscheidung über ein mögliches Vertragsangebot fallen.
       
       Jos Luhukay will „Kevin die Möglichkeit geben, sich in die Mannschaft zu
       integrieren“. Dass der Trainer sich über eine zusätzliche Defensivkraft,
       zumal eine, die sowohl in der Innenverteidigung als auch im defensiven
       Mittelfeld einsetzbar ist, freuen würde, verriet seine Aufzählung von
       Pezzonis Stärken. Jos Luhukay lobte die gute Spielübersicht, den starken
       linken Fuß und die Kopfballstärke seines Kandidaten. Alles „Eigenschaften,
       die wir brauchen können“.
       
       Herthas Trainingskiebitze ließen keinen Zweifel aufkommen, dass sie Pezzoni
       gern im blau-weißen Trikot sehen wollen. Minutenlang belagerten sie den
       Neuen nach dem Training mit ihren Autogramm- und Fotowünschen. Für Pezzoni,
       so heißt es bei den stets um die Liquidität ihres Clubs besorgten
       Zaungästen, spreche, dass er ablösefrei sei und sicher „für ’nen schmalen
       Taler spielen“ werde.
       
       Sollte Herthas Kassenwart zu einer ähnlichen Einschätzung gelangen und
       Pezzoni sich die nächsten Trainingstage ordentlich präsentieren, wird einer
       Verpflichtung des mit einem Marktwert von einer Million Euro Taxierten wohl
       nichts mehr im Wege stehen. Dann muss sich nur noch Pezzoni selbst an die
       neuen Gegebenheiten gewöhnen. Wohl noch im Köln-Modus (derzeit Platz 13)
       befindlich, sprach er nach seinem ersten Training davon, dass er der
       Mannschaft helfen wolle, den Klassenerhalt zu schaffen.
       
       Dass die Berliner, die derzeit auf Platz zwei der Zweitligatabelle
       rangieren, ganz andere Ziele verfolgen, weiß natürlich auch Kevin Pezzoni
       und korrigierte sich umgehend. „Aufstieg“ heißt das Ziel, natürlich.
       
       9 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Peter
       
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