# taz.de -- Merkel unterstützt Turner in Stuttgart: Déjà-vu vor protestierender Menge
       
       > Angela Merkel wagt sich mal wieder in die Höhle des Löwen – nach
       > Stuttgart, wo die S21-Gegner warten. Sie will OB-Kandidat Sebastian
       > Turner unterstützen.
       
 (IMG) Bild: Bedrängt: Merkel in Stuttgart.
       
       STUTTGART taz | „Ich stehe hier nicht mit einer Trillerpfeife im Maul, weil
       ich Argumente habe.“ Diesen Satz grantelte Bundeskanzlerin Angela Merkel
       (CDU) im März 2011 protestierenden Stuttgart-21-Gegnern zu. Damals stand
       sie neben dem Noch-Ministerpräsidenten Stefan Mappus (ebenfalls CDU) und
       versuchte, den ersten grünen Ministerpräsidenten der Republik zu
       verhindern.
       
       Eineinhalb Jahre später steht Merkel wieder vor einer protestierenden Menge
       in Stuttgart. Dieses Mal neben dem Noch-nicht-Oberbürgermeister Sebastian
       Turner. Doch ob dieser jemals OB wird, darf seit dem vergangenen Sonntag
       bezweifelt werden. Im ersten Wahlgang lag Turner zwei Prozentpunkte hinter
       dem Grünen Fritz Kuhn. Und der hat Umfragen zufolge nach dem Rückzug der
       SPD-Kandidatin Bettina Wilhelm und des S21-Gegners Hannes Rockenbauch das
       deutlich größere Moblisierungspotenzial unter deren WählerInnen.
       
       Merkel ist gekommen, um wenigstens den zweiten Grünen im einstigen
       CDU-Stammland Baden-Württemberg zu verhindern. Auf dem Stuttgarter
       Marktplatz stehen an diesem Freitag in den ersten Reihen vor ihrer Bühne
       zahlreiche CDU-Anhänger, größtenteils Senioren, ein paar Jüngere mit
       hellblauen T-Shirts, auf denen Turners Markenzeichen gedruckt ist: eine
       Brezel mit Händen. Hinter ihnen steht eine große Menge an S21-Gegnern mit
       Trillerpfeife und Protestplakat.
       
       ## Der Untergang vom Ländle
       
       Die Atmosphäre wirkt wie bei Merkels letztem Wahlkampfauftritt – und ihre
       Rede wie recycelt. Damals war’s der Untergang des Ländle, vor dem sie
       warnte, heute der Untergang Stuttgarts, wenn ein Grüner regieren würde.
       „Reich wird eine Stadt nicht dadurch, dass nur demonstriert wird“, sagt
       sie. Und: „Über die Frage, ob Stuttgart die Herausforderungen des 21.
       Jahrhunderts bewältigt, wird auch mit dem Bahnhof entschieden.“
       
       Merkel wie Turner fahren an diesem Tag eine klare Linie: angreifen und
       polarisieren. Seinen grünen Kontrahenten bezeichnet Turner als
       „Bundesvorsitzenden vom City-Maut-Verein“. Als die Pfiffe laut werden,
       fordert er die Menge zu mehr auf. „Das ist eine gute Vorbereitung auf das
       Amt“, provoziert er. „Das letzte, was wir jetzt brauchen, ist ein
       Oberbürgermeister, der sagt, ich will den Bahnhof nicht.“
       
       Doch gerade beim Thema Stuttgart 21 erscheint der Erfolg dieser Strategie
       fragwürdig. Jüngst sind am Stuttgarter Bahnhof innerhalb kürzester Zeit
       drei Züge an der gleichen Stelle entgleist - eine Weiche, die im Zuge der
       S21-Bauarbeiten neu gemacht worden war. Am Donnerstag wurde ein Gutachten
       bekannt, nach dem es noch kein ausreichendes Brandschutz-Konzept für den
       geplanten Bahnhof unter der Erde gibt. All das dürfte selbst in
       konservativen Ohren nicht nach einem Großprojekt klingen, mit dem das 21.
       Jahrhundert bewältigt wird.
       
       ## Überzeugungsarbeit
       
       Eine Woche bleibt Turner noch, um die Stuttgarter davon zu überzeugen, dass
       er der Richtige ist. Derjenige, der „sich mit der Bahn anlegen“ wird, wie
       er selbst behauptet, um das Projekt voranzutreiben und Sicherheit zu
       gewähren.
       
       Dass sich Merkel persönlich in den kommunalen Wahlkampf eingemischt hat,
       zeigt, wie sehr die CDU vor einem erneuten Sieg der Grünen nach der
       Landtagswahl zittert. Weitere Unterstützungs-Auftritte kündigte Turner für
       die nächste Woche an. Dann sollen der nordrhein-westfälische FDP-Landeschef
       Christian Lindner kommen, die frühere Familienministerin Rita Süssmuth und
       der ehemalige Hamburger Oberbürgermeister Ole von Beust (beide CDU).
       
       12 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fritz Kuhn
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