# taz.de -- Gewaltenteilung in Ägypten: Peinliche Niederlage für Mursi
       
       > Der Präsident wollte den Obersten Staatsanwalt feuern und muss einen
       > Rückzieher machen. Anlass waren die Freisprüche im
       > „Kamelschlacht“-Verfahren.
       
 (IMG) Bild: Abdel Meguid Mahmud will Oberster Staatsanwalt in Ägypten bleiben.
       
       KAIRO taz | Der Präsident rudert zurück. Das ist der Eindruck, den die
       Ägypter von ihrem Staatschef, den aus den Reihen der Muslimbrüder
       stammenden Mohammed Mursi, haben. Dieser wollte den Obersten Staatsanwalt
       Abdel Meguid Mahmud feuern beziehungsweise als Vertreter Ägyptens beim
       Vatikan wegloben. Mursi musste innerhalb von 48 Stunden klein beigeben, da
       ein Oberster Staatsanwalt in Ägypten nicht vom Präsidenten entlassen werden
       kann. Diese Zeiten sind seit dem Sturz Husni Mubaraks vorbei.
       
       Der Fall Mahmud entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Der Grund für den
       präsidialen Ärger: Am vergangenen Mittwoch waren im Prozess um die
       „Kamelschlacht“ während des Aufstandes gegen Mubarak die Urteile gefallen.
       Am 2. Februar 2011 hatte eine von der damaligen Regierungspartei Mubaraks
       zusammengestellte Truppe aus Kamel- und Pferdereitern die Demonstranten auf
       dem Tahrirplatz angegriffen.
       
       Alle 25 Angeklagten, darunter der ehemalige Chef von Mubaraks
       Regierungspartei, Safwat Scharif, sowie der damalige Parlamentssprecher
       Fathi Sourour, wurden mangels Beweisen freigesprochen. Der Ärger der
       Öffentlichkeit und des Präsidenten richtete sich schnell gegen die
       Staatsanwaltschaft, die schlampig ermittelt hatte.
       
       ## Beweismittel unauffindbar
       
       Mit Absicht, so der Eindruck, denn vor wenigen Monaten waren die obersten
       sechs Sicherheitschefs Mubaraks freigesprochen worden, die angeklagt waren,
       für den Tod von 840 Demonstranten verantwortlich zu sein. Auch damals hatte
       die Staatsanwaltschaft nicht genügend Beweise gesammelt. Manche
       Beweismittel waren sogar „verschwunden“.
       
       In der Öffentlichkeit drängte sich der Verdacht auf, dass der Oberste
       Staatsanwalt, der zu Zeiten Mubaraks zu seinem Posten gekommen war, kein
       Interesse hatte, umfassend gegen jene zu ermitteln, die ihn einst in Amt
       und Würden gebracht hatten.
       
       Mahmud indes ließ jetzt Mursi genüsslich wissen, dass er laut Verfassung
       kein Recht habe, ihn zu entlassen, und dass er gar nicht daran denke, sein
       Amt im Vatikan anzutreten. Zahlreiche Richter und Staatsanwälte hatten sich
       in der Zwischenzeit im Namen der Unabhängigkeit der Justiz hinter Mahmud
       gestellt.
       
       ## Nur ein Missverständnis
       
       Mursi musste klein beigeben, traf sich mit dem Obersten Staatsanwalt und
       ließ durch Vizepräsident Mahmud Mekki erklären, dass er nie die Absicht
       gehabt hatte, den Staatsanwalt zu entlassen, und dass es sich nur um ein
       Missverständnis handele.
       
       Mekki, einer der wenigen oppositionellen Richter unter Mubarak, setzte
       dennoch zu einem kleinen Seitenhieb an und erklärte seine Verwunderung
       darüber, dass viele seiner ehemaligen Richterkollegen nun lautstark die
       Unabhängigkeit der Justiz verteidigten, dazu aber während Mubaraks Zeiten
       vornehm geschwiegen hätten.
       
       Die Muslimbruder gerieten unterdessen auch an anderer Front unter Druck. Am
       Freitag war es auf dem Tahrirplatz zu gewalttätigen Auseinandersetzungen
       gekommen, bei denen über 100 Menschen verletzt worden waren. Anhänger der
       Muslimbrüder stürmten eine Bühne, von wo aus Kritiker Parolen gegen Mursi
       riefen. Dem folgten stundenlange Schlägereien zwischen Anhängern und
       Gegnern der Muslimbruderschaft.
       
       ## Gemeinsam gegen die Freisprüche
       
       „Am Freitag hatten Tausende von Muslimbrüder-Anhängern den Tahrirplatz
       besetzt, um die Stimmen der Gegner Mursis zu unterdrücken, die darauf
       hinweisen wollten, dass er mit seinen Ankündigungen für die ersten hundert
       Tage im Amt gescheitert ist“, heißt es in einer Erklärung linker Parteien
       dazu.
       
       Ursprünglich hatten Gegner der Muslimbrüder zu der Demonstration
       aufgerufen, um gegen die Zusammensetzung der Verfassunggebenden Versammlung
       zu protestieren. Nach dem Freispruch für die Angeklagten der
       „Kamelschlacht“ riefen dann auch die Muslimbrüder ihre Anhänger zum Protest
       auf – ein Fehler der Muslimbrüder, den sie am Wochenende heftig
       diskutierten.
       
       Einig waren sich übrigens beide Seiten in ihrem Protest gegen den
       Freispruch im „Kamelschlacht“-Verfahren“.
       
       14 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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 (DIR) Ägypten
       
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