# taz.de -- Piratenpolitiker zur „Gema-Vermutung“: „Die Gema ist extrem unflexibel“
       
       > Wer öffentlich Creative Commons Musik spielen will, hat viel zu tun: Die
       > Gema fordert einen Nachweis über die freie Nutzbarkeit. Der Pirat
       > Christian Hufgard will das ändern.
       
 (IMG) Bild: Die Tariferhöhung hat die Gema unbeliebter und freie Musik beliebter gemacht.
       
       taz.de: Herr Hufgard, Sie sind gegen die Gema-Vermutung. Die besagt, dass
       Veranstalter der Gema nachweisen müssen, gemafreie Musik zu spielen, wenn
       sie keine Gebühren abführen wollen. 
       
       Die Piraten haben da noch keine feste Position, aber wir bereiten für den
       Bundesparteitag entsprechende Papiere vor, um Beschlüsse zu bekommen, die
       die Gema-Vermutung abschaffen. Wir halten es nicht mehr für zeitgemäß, dass
       Veranstalter einen riesigen Aufwand betreiben müssen, um sich von den
       Gebühren eines privaten Vereines zu befreien.
       
       Sie sagen privater Verein, aber die Gema kommt doch einem staatlichen
       Auftrag nach. 
       
       Ja, aber sie hat diesen Auftrag nicht gepachtet. Es gibt da auch andere
       Modelle, in den USA beispielsweise gibt es mehrere
       Verwertungsgesellschaften. Auch in Deutschland bauen sich Alternativen auf,
       [1][C3S zum Beispiel], das ist eine Initiative für eine offene
       Verwertungsgesellschaft.
       
       Sie sprechen davon, dass die Gema auf unzähligen Veranstaltungen
       Gema-Gebühren für Gema-freies Repertoire kassiert. Von wievielen
       Veranstaltungen sprechen wir da? 
       
       Sehr schwierig zu sagen. Es gibt keine Zahlen dazu.
       
       Verschiedene Veranstalter, die CC-Partys organisieren, haben mir im Vorfeld
       gesagt, dass man zwar keine konkreten Zahlen wüsste, aber alle lagen in
       ihren Schätzungen bei unter hundert Veranstaltungen im Jahr. 
       
       Das kann sein, aber viele Veranstalter scheuen auch einfach die Mühe, die
       eine offizielle CC-Party mit sich bringt. Dann zahlt man lieber die hundert
       Euro an die Gema, statt eine Liste aller gespielten Künstler zu erstellen,
       damit die Gema dann sicherstellen kann, dass keiner bei ihr unter Vertrag
       ist.
       
       Gibt es eine Möglichkeit, abzuschätzen, über wie viele Lieder wir da
       ungefähr reden? 
       
       Es gibt die großen Portale, [2][insbesondere jamendo]. Bei „jamendo pro“
       kann man rechtlich nachprüfen lassen, ob es sich tatsächlich um einen frei
       verfügbaren Track handelt; da sind momentan 120.000 Titel gelistet.
       
       Die Gema betreut meines Wissens 700.000 Veranstaltungen im Jahr. Wenn wir
       davon ausgehen, dass es unter hundert CC-Partys gibt und 120.000 frei
       verfügbare Lieder, auf die man relativ problemlos zugreifen kann: Ist dann
       die Forderung nach einer Abschaffung der Gema-Vermutung nicht
       unverhältnismäßig? 
       
       Die Gema ist extrem unflexibel, was freie Musik anbelangt. Das liegt unter
       anderem daran, dass sie ein Monopolist ist: in den USA zum Beispiel, wo es
       mehrere Verwertungsgesellschaften gibt, kann man einzelne Titel frei
       herausbringen. In Frankreich und Schweden gibt es ähnliche Pilotprojekte.
       Das heißt: Es geht auch flexibler. Diese „ganz oder gar nicht“-Mentalität
       soll aufgebrochen werden, das wäre auch im Interesse der Mitglieder.
       
       Außerdem wäre das natürlich im Sinne der Veranstalter. Nach den jüngsten
       Tariferhöhungen überlegen sich ja doch einige Clubs und Bars, wie man
       zumindest bei einzelnen Veranstaltungen um die Gema herumkommt. Aber weil
       es wahnsinnig schwierig zu beweisen ist, dass man keine Gebühren zahlen
       muss, verzichten die meisten einfach auf den Schreibkram. Wenn man eine
       Veranstaltung macht, wird schon davon ausgegangen, dass sie Gema-pflichtig
       ist.
       
       Ich zitiere mal Ihren Parteifreund, Johannes Ponader: „Die GEMA-Vermutung
       führt heute ständig zu einer unfairen Bereicherung der GEMA an Werken.“
       Aber die Gema hat doch gar nichts von dem Geld, die verteilt das ja weiter. 
       
       Naja, fünfzehn Prozent zieht die Gema an Verwaltungskosten ein. Das ist im
       deutschen Vergleich schon extrem hoch, andere kommen mit acht Prozent aus.
       Der Vorstandsvorsitzende der Gema, Dr. Harald Heker, hat sich vor kurzem
       sein Gehalt auf 40.000 Euro im Monat erhöht. Das durchschnittliche
       Gema-Mitglied bekommt ein Siebtel ausgezahlt. Klar machen sie keinen
       Gewinn, aber es gibt viele, die davon profitieren; zum Beispiel leistet
       sich die Gema ziemlich viele Angestellte. Da heißt das ja nicht viel, dass
       am Ende die Null steht.
       
       Das spricht für eine Verwaltungsreform, aber nicht für eine Abschaffung der
       Gema-Vermutung. Wenn man die jetzt abschaffen würde, würden die
       bürokratischen Kosten ja deutlich steigen weil die Gema selbst jede
       Veranstaltung überprüfen müsste. 
       
       Das sehe ich nicht so. Am Ende ist es die Aufgabe des Gesetzgebers, die
       Verwaltung zu straffen. Außerdem ist da die Verwaltung kein Hexenwerk: es
       braucht eine Liste der Mitglieder, und dann bekommt man mit einer einfachen
       Datenbankabfrage alle notwendigen Informationen. Wir sind der Überzeugung,
       dass man das auch automatisiert lösen kann. Klar, da müsste man einmal Geld
       ausgeben. Aber ich sehe da Spielraum, wenn man die Gehälter reduzieren
       würde. Dem Künstler bliebe dann kein Euro weniger
       
       30 Oct 2012
       
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