# taz.de -- Wahlbehinderung und Wahlbetrug: Tricksen und täuschen
       
       > Weiße Aktivisten ziehen mit fragwürdigen Methoden durchs Land. Ethnische
       > Minderheiten werden verunsichert. Mit Drohungen wird versucht, die
       > US-Wahl zu beeinflussen.
       
 (IMG) Bild: Mitt Romneys Wahlkampfhelfer hoffen auf Unterstützung vom höchsten Richter
       
       OHIO taz | „Zeig ihn“ steht auf Plakatwänden im Bundesstaat Colorado.
       Daneben ist ein Führerschein abgebildet. In sehr viel kleineren Buchstaben
       steht darunter, dass ein Lichtbildausweis keine Voraussetzung für das
       Wählen ist. In einem mehrheitlich von AfroamerikanerInnen bewohnten
       Stadtteil von Cleveland in Ohio tauchten 30 Großplakate mit der Aufschrift
       auf: „Wahlbetrug ist ein Vergehen. Es wird mit bis zu 3,5 Jahre Gefängnis
       und 10.000 Dollar Strafe geahndet.“
       
       Im Maricopa County im Bundesstaat Arizona verschickten die Behörden
       Wahlunterlagen, in denen zu lesen war, der Wahltermin sei der 8. November –
       zwei Tage nach dem tatsächlichen Urnengang. Der Fehler tauchte nur in
       spanischsprachigen Benachrichtigungen auf.
       
       In New Mexico lernten WahlbeobachterInnen in Vorbereitungsseminaren, sie
       sollten Lichtbildausweise verlangen – obwohl in New Mexico kein Gesetz über
       eine Ausweispflicht existiert.
       
       Und die Organisation [1][True the vote], die von der Tea-Party-Aktivistin
       Catherine Engelbrecht geleitet wird, schickt ganze Armeen von
       WahlbeobachterInnen auf die Suche nach Betrügereien an die Urne. Die
       meisten BeobachterInnen sind weiß. Sie gehen hauptsächlich in Wahllokale,
       wo Latinos und AfroamerikanerInnen wählen.
       
       Die Spur zieht sich quer durch die USA. Immer geht es vermeintlich darum,
       Wahlfälschung zu vermeiden. Doch Wahlbetrug ist in den USA statistisch so
       selten, wie es Todesfälle durch Blitzeinschläge gibt.
       
       Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die selbst ernannten AktivistInnen
       vor allem WählerInnen im Visier haben, die mehrheitlich demokratisch
       wählen: insbesondere ethnische Minderheiten, wie Latinos und
       AfroamerikanerInnen sowie sozial Schwache. Von ihnen kommen auch in den
       meisten Fällen die Beschwerden über Einschüchterung und Wahlbehinderung.
       
       ## Grenzenlos spenden
       
       Parallel haben UnternehmerInnen ein neues Recht genutzt, das ihnen das
       Oberste Gericht mit dem „Citizen United“-Entscheid gegeben hat. Nach diesem
       Entscheid aus dem Jahr 2010 haben Unternehmen das Recht, Kandidaten nach
       Lust und Laune mit Spenden zu unterstützen. Und manche dieser Unternehmen
       nötigen ihre Beschäftigten mit deutlichem Druck zu einer Stimmabgabe für
       Mitt Romney.
       
       Die Koch-Brüder – zwei notorische Tea-Party-Finanziers – verschickten einen
       Brief an die 45.000 Beschäftigten ihres Papierunternehmens Georgia Pacific.
       Er enthielt eine Philippika gegen Obama von Charles Koch sowie einen
       Pro-Romney-Aufruf von David Koch. Und die Warnung vor „Konsequenzen“ bei
       einer falschen Wahl.
       
       Aus Florida wurde Bauunternehmer David Siegel, Chef des Westgate Resorts,
       noch deutlicher. Er kündigte seinen Beschäftigten den Verlust ihrer
       Arbeitsplätze an, falls Obama wiedergewählt wird.
       
       ## Drohungen und Einschüchterungen
       
       „Das ist keine Drohung, sondern ein Fakt“, sagt er. In Milwaukee,
       Wisconsin, warnte der Rite-Hite-Ladegerätefabrikant Mike White seine
       Beschäftigten per Rundbrief vor einer Stimmabgabe für Obama. Ende Oktober
       klagten deswegen religiöse und politische Würdenträger wegen
       „Einschüchterung“.
       
       Bevor die Suche nach vermeintlichen Wahlbetrügern und der Druck auf
       Beschäftigte in die Schlagzeilen kamen, haben die bei den Halbzeitwahlen im
       November 2010 gewählten republikanischen Abgeordneten in insgesamt 41
       Bundesstaaten versucht, strengere Wahlgesetze einzuführen. Unter dem
       Vorwand, Wahlbetrug einzudämmen, wollten sie die Fristen für vorzeitige
       Stimmabgabe verkürzen und Lichtbildausweise zur Pflicht machen.
       
       Auch diese neuen Regeln treffen sozial Schwache, Alte und ethnische
       Minderheiten besonders – da sie häufiger als die weiße Mittelschicht keinen
       Führerschein und keinen Pass haben. Doch selbst da, wo die neuen
       Wahlgesetze im letzten Moment noch gestoppt wurden, haben sie zur
       Verunsicherung vieler WählerInnen beigetragen.
       
       6 Nov 2012
       
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