# taz.de -- Die USA am Wahltag: Wahlkampf bis zur letzten Minute
       
       > Nach einem schier endlosen Wahlkampf ist der Tag der Stimmabgabe
       > gekommen. Der republikanische Herausforderer wirbt auch in den letzten
       > Stunden unermüdlich.
       
 (IMG) Bild: Mitt Romney und Paul Ryan sind auch am Wahltag noch auf Werbetour
       
       WASHINGTON dapd | Bei der Präsidentenwahl in den USA wurde am Dienstag bis
       zur letzten Minute erbittert um jede Stimme gekämpft. Im Mittelpunkt stand
       dabei der möglicherweise entscheidende Staat Ohio.
       
       Dort warben am Mittag die republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt
       Romney und sein designierter Vize Paul Ryan in kurzen Auftritten um letzte
       Stimmen. Kurz nach ihnen landete dann unangekündigt der demokratische
       Vizepräsident Joe Biden in Cleveland, der zweitgrößten Stadt Ohios.
       Offenbar wollten die Demokraten Ohio am Wahltag nicht ganz den
       Republikanern überlassen.
       
       In der spannendsten Präsidentschaftswahl in den USA seit vielen Jahren
       lagen Präsident Barack Obama und sein Herausforderer Romney in den Umfragen
       Kopf-an-Kopf. Im Gegensatz zu seinem Kontrahenten verzichtete Obama am
       Wahltag auf weitere persönliche Auftritte. Er wollte den Dienstag in seiner
       Heimatstadt Chicago verbringen und sich in Fernseh- und Radiointerviews an
       die noch unentschiedenen Bürger wenden.
       
       Außerdem wollte er seinem Wahltagsritual folgen und mit Freunden und engen
       Beratern Basketball spielen. Ein einziges Mal verzichtete er auf die
       Tradition - und verlor 2008 prompt die Vorwahl in New Hampshire. „Diesen
       Fehler werden wir nicht noch einmal machen“, sagte sein Berater Robert
       Gibbs.
       
       Trotz aller Rivalität gratulierte Obama Romney zu dessen „engagiertem
       Wahlkampf“. Seine Unterstützer seien genauso engagiert und enthusiastisch
       wie die der Demokraten.
       
       ## US-Bürger haben eine klare Wahl
       
       Obama und Romney hatten den Menschen in den USA in den vergangenen Monaten
       während des aggressiven Wahlkampfs deutlich gemacht, dass sie sehr
       unterschiedliche Ansichten zur Zukunft des Landes haben. Beide Seiten
       zeigten sich überzeugt, dass die Entscheidung am Wahltag weitreichende
       Konsequenzen für die USA haben wird, die sich immer noch auf dem Weg aus
       der schwersten Wirtschaftskrise seit den 30er-Jahren sind. Strittig ist
       dabei vor allem, welche Rolle der Staat bei der Lösung der wirtschaftlichen
       Probleme spielen soll. Wie tief gespalten die USA sind, zeigt das faktische
       Patt zwischen Obama und Romney.
       
       In einigen der umkämpften Staaten, die weder klar demokratisch noch
       republikanisch sind, schien Obama zwar etwas in Front zu liegen, von einer
       Vorentscheidung konnte aber keine Rede sein. „Ich bin optimistisch, aber
       nur vorsichtig optimistisch“, sagte Obama. „Denn bis die Leute tatsächlich
       im Wahllokal auftauchen und wählen, ist alles andere Spekulation.“
       Ergebnisse wird es erst am Mittwoch geben. Als entscheidend galten die
       Resultate in neun US-Staaten, in denen der Sieger nur schwer vorherzusagen
       war, darunter auch in Ohio.
       
       ## Obama zeigt bei letztem Auftritt Gefühle
       
       Den ersten Sieg konnte Obama gleich nach Öffnung der ersten Wahllokale in
       zwei kleinen Ortschaften im Staat New Hampshire einstreichen, die
       traditionell die Stimmabgabe eröffnen. In Hart's Location gewann der
       demokratische Amtsinhaber kurz nach Mitternacht (Ortszeit) mit 23 Stimmen,
       für Romney votierten neun Bürger. In Dixville Notch spiegelte sich mit
       einem Patt von fünf zu fünf Stimmen das bundesweit erwartete
       Kopf-an-Kopf-Rennen wider.
       
       Romney und seine Frau Ann wählten am Morgen in der Nähe ihres Heimatorts
       Belmont in Massachusetts. Obama hatte bereits gewählt. Wie er machten mehr
       als 30 Millionen Bürger in den letzten Wochen von der Möglichkeit der
       Briefwahl oder der vorgezogenen Stimmabgabe Gebrauch; ausgezählt wird aber
       erst am Wahltag. Biden gab gemeinsam mit seiner Ehefrau Jill in Greenville
       im US-Staat Delaware seine Stimme ab. Ryan und seine Frau Janna wählten in
       ihrer Heimatstadt Janesville in Wisconsin.
       
       ## Wahlkampf kostete fast sechs Milliarden Dolar
       
       Nach Berechnungen des Center for Responsive Politics dürfte das Werben um
       Stimmen bei der Präsidenten- und Kongresswahlen so kostspielig gewesen sein
       wie nie zuvor: Mit 5,8 Milliarden Dollar (4,5 Milliarden Euro) verschlang
       der Wahlkampf sieben Prozent mehr als noch vor vier Jahren.
       
       Neben dem Präsidenten wurden am Dienstag auch die 435 Abgeordneten des
       Repräsentantenhaus, 33 der 100 Senatoren sowie elf Gouverneure gewählt. Es
       wurde erwartet, dass die Demokraten ihre knappe Mehrheit im Senat
       verteidigen und dass das Repräsentantenhaus wieder von den Republikanern
       dominiert wird.
       
       Der Wahlkampf wurde angesichts einer Arbeitslosenquote von 7,9 Prozent von
       Wirtschaftsthemen dominiert. Aber auch die Sturmkatastrophe an der
       US-Ostküste könnte noch eine Rolle spielen. Wegen des gewaltigen Sturms
       „Sandy“, der vergangene Woche über die Ostküste hinwegzog, könnte es in
       wenigen Wahlkreisen zu Verzögerungen bei der Auszählung kommen. Einige
       Menschen mussten in Zelten wählen, die als Wahllokal dienten. In New Jersey
       sollten Sturmopfer ihre Stimmen per E-Mail abgeben können.
       
       6 Nov 2012
       
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