# taz.de -- Kolumne Ball und die Welt: Das Sandaffen-Problem
       
       > Die Elf der Vereinigten Arabischen Emirate trägt den Spitzenamen „Al
       > Abyad“. Der Asiatische Fußballverband patzte beim Übersetzen, eklatant!
       
 (IMG) Bild: Saudis kicken im Sand. Aber warum zitieren gewisse Sportjournalisten sie als „Sandaffen“?
       
       Al Abyad ist der Spitzname der Nationalmannschaft der Vereinigten
       Arabischen Emirate (VAE). So steht es auf der Website des Asiatischen
       Fußballverbandes AFC, leicht versteckt in einem Spielbericht. Die
       Übersetzung wurde gleich mitgeliefert: „Sandaffen“.
       
       Nein, so steht es da nicht mehr. Aber es stand da, und nun regen sich die
       Funktionäre aus VAE auf. Zu Recht. Denn dass „Sandaffen“ rassistisch ist,
       liegt auf dem flachen Wüstenboden. Und der AFC hat sich sehr originell
       versucht zu entschuldigen: Schuld sei Wikipedia.
       
       Auf der englischsprachigen Seite des Onlinelexikons war tatsächlich für
       eine Weile als Übersetzung von Al Abyad (eigentlich: die Weißen, denn die
       Mannschaft spielt zu Hause in weißen Trikots) der Begriff „Sand Monkeys“
       angeboten worden. Der Fehler wurde bald behoben, mittlerweile kann man da
       lesen, er sei „das indirekte Ergebnis von Vandalismus gegen den
       Wikipedia-Artikel über das Team“.
       
       Yusuf Abdullah, den Generalsekretär des VAE-Fußballs, beruhigt diese
       Entschuldigung nicht. „Was passiert ist, ist nicht zu akzeptieren und
       beweist Respektlosigkeit“, erklärt er. Dass der AFC in Malaysia sitzt
       (deutsche Zuordnung: Fernost), die VAE hingegen im arabischen Raum
       (deutsche Zuordnung: Nahost), belege, so Abdullah, „die rassistische
       Haltung einiger AFC-Offiziellen des östlichen Teils des asiatischen
       Kontinents gegenüber den Ländern in den westlichen Regionen“.
       
       Wie kompliziert die Binnenverhältnisse im asiatischen Fußball sind, mag
       dahingestellt sein, aber mit der Diagnose von Respektlosigkeit und
       Rassismus hat der Funktionär schlicht recht. Und irgendwelche
       relativierenden Sprüche, die Welt des Fußballs sei nun mal rau und derb,
       sollte man schon deswegen nicht stehen lassen, weil sich das Wort
       „Sandaffen“ ja nicht schlechtem Fanhumor aus der Kurve verdankt, sondern
       als Eintrag auf der Website des Asiatischen Fußballverbandes fand.
       
       Dass es dort stand, ist aber auch ein Beweis für die sehr dumme und sehr
       verbreitete Bereitschaft, Wikipedia alles zu glauben. Wenn man diese bei
       Journalisten aller Redaktionen und Regionen verbreitete Sitte aber als
       Ursache für den „Sandaffen“-Skandal benennt, stellt man automatisch die
       Arbeitsbedingungen von Fußballschreibern infrage. Womöglich müsste, wer von
       Journalisten bessere, also über Wikipedia hinausgehende Recherche fordert,
       ihnen mehr Geld zahlen und mehr Zeit lassen.
       
       Das Dilemma ist dem AFC, der ja die Website betreibt, bewusst. Ein
       AFC-Sprecher sagte, der Autor – es war dessen erster Arbeitstag – sei
       gerügt worden und der Eintrag entfernt, mehr könne man nicht machen. „Es
       war ein wirklich schlechter Tag für ihn, und er wurde durch seinen Fehler
       schon genügend beschämt. Aber das war ein echter Fehler und hat mit
       Rassismus nichts zu tun.“
       
       Ähnlich argumentiert Jesse Fink, Kolumnist von ESPN-Star, dem
       amerikanischen Sportfernsehen. „Bei der Arbeit eines Tischredakteurs muss
       man sich jeden Tag ständig entscheiden, da man kann nicht immer die
       normalen Standards des Faktenchecks anwenden“, schreibt Fink. „Wer auch
       immer den Fehler gemacht hat, er sollte nicht um seinen Job oder um seinen
       Schlaf gebracht werden. Jeder macht Fehler. Das gehört zum Menschen.“
       
       Abgesehen davon, dass es nicht menschlich, allzu menschlich ist, Araber als
       Sandaffen zu bezeichnen: Es entspricht auch nicht einem wünschenswerten
       menschlichen Zusammenleben, im Journalismus Arbeitsbedingungen zu schaffen
       und zu verantworten, in denen aus Zeitdruck und schlechter Bezahlung nicht
       mal mehr darüber nachgedacht werden kann, was man da gerade publiziert.
       
       Diesen Copy-and-paste-Journalismus, der aus fremden Zeitungen und
       Google-Translater alles Mögliche klaut und Onlinediensten wie Wikipedia
       alles glaubt, nur um „Content“ für „Klickzahlen“ zu „generieren“, wie es
       dann heißt, mag nicht die Ursache für Rassismus sein. Aber er ist definitiv
       eine Ursache dafür, wenn Rassismus in den Medien nicht mehr erkannt, nicht
       mehr beim Namen genannt und nicht mehr bekämpft wird.
       
       8 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
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