# taz.de -- Junge Christin in Pakistan: Blasphemie-Verfahren eingestellt
       
       > Ein geistig behindertes Mädchen wurde wegen Gotteslästerung ins Gefängnis
       > gesperrt. Nun stellt das Gericht fest: Die Vorwürfe sind haltlos.
       
 (IMG) Bild: Rimsha Masih nach ihrer Freilassung auf Kaution im September.
       
       ISLAMABAD dpa | Aus Mangel an Beweisen hat ein pakistanisches Gericht ein
       umstrittenes Blasphemie-Verfahren gegen eine junge geistig behinderte
       Christin eingestellt. „Der Hohe Gerichtshof in Islamabad hat alle Vorwürfe
       gegen meine Mandantin verworfen“, sagte der Anwalt der Jugendlichen, Tahir
       Naveed Chaudhry, am Dienstag.
       
       Die etwa 14 Jahre alte Rimsha Masih war Mitte August in der Hauptstadt
       festgenommen und nach drei Wochen Haft auf Kaution freigelassen worden. Sie
       war angeklagt worden, Koran-Seiten verbrannt zu haben. Das Verfahren nahm
       eine überraschende Wendung, als die Polizei einem Imam aus der
       Nachbarschaft der Familie vorwarf, die beschädigten Seiten in die Tasche
       des Mädchens geschmuggelt zu haben.
       
       Vermutet wurde, dass der Imam Christen aus dem Armenviertel vertreiben
       wollte. Nach der Festnahme des Mädchens flohen die meisten Christen aus
       Angst vor Übergriffen von Muslimen aus dem Stadtteil. Der Imam streitet die
       Vorwürfe ab. Er wurde festgenommen, dann aber auf Kaution freigelassen,
       nachdem einige Belastungszeugen Aussagen zurückzogen.
       
       Die Einstellung des Verfahrens gegen Masih kann vor dem Verfassungsgericht
       angefochten werden. Masih und ihre Familie halten sich unter dem Schutz der
       Regierung an einem unbekannten Ort auf. Die Festnahme des Mädchens hatte
       international, aber auch unter muslimischen Klerikern in Pakistan für
       Proteste gesorgt. Die Minderjährige hat nach ärztlicher Diagnose eine
       Lernbehinderung.
       
       ## Zwei Todesurteile wegen Blasphemie
       
       Am vergangenen Donnerstag hatte ein pakistanisches Gericht erstmals seit
       zwei Jahren wieder ein Todesurteil wegen Blasphemie verhängt. Verurteilt
       wurde ein Mann, der im März vergangenen Jahres festgenommen worden war,
       weil er angeblich den Propheten Mohammed verunglimpft hatte. Zuvor war im
       November 2010 die Christin Asia Bibi wegen Blasphemie zum Tode verurteilt
       worden. Sie ist seitdem inhaftiert. Ihr Fall hatte weltweit für
       Schlagzeilen gesorgt. Papst Benedikt XVI. setzte sich erfolglos für ihre
       Freilassung ein.
       
       Zwar wurde in Pakistan bisher kein Todesurteil wegen Blasphemie
       vollstreckt, mehrere Angeklagte wurden aber nach ihrer Freilassung
       gelyncht. In seiner jetzigen Form wurde das Blasphemie-Gesetz 1986 vom
       Militärdiktator Muhammad Zia ul-Haq eingeführt.
       
       Islamisten laufen Sturm gegen eine Änderung des Gesetzes, das sie für
       gottgemacht halten. Das umstrittenes Gesetz verbietet die Beleidigung jeder
       Religion, wird aber in der Praxis nur bei angeblicher Herabsetzung des
       Islam angewandt.
       
       Im vergangenen Jahr waren der Minister für Minderheiten - der einzige
       Christ in der Regierung - und der Gouverneur der Provinz Punjab ermordet
       worden. Beide hatten das Gesetz kritisiert, das oft missbraucht wird, um
       persönliche Gegner anzuschwärzen. Religiöse Minderheiten und liberale
       Muslime fordern einen besseren Schutz vor Missbrauch des Gesetzes. Christen
       stellen weniger als zwei Prozent der mehr 180 Millionen Pakistaner.
       
       20 Nov 2012
       
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