# taz.de -- Waffenruhe in Nahost hält: Hamas ist der Sieger
       
       > Die Strategie der politischen Isolation der Hamas ist endgültig
       > gescheitert. Die Zukunft der Region hängt von der Nachhaltigkeit des nun
       > begonnenen Prozesses ab.
       
 (IMG) Bild: Es scheint ruhig zu bleiben. Israelis überblicken den Gazastreifen von Sderot aus
       
       KAIRO taz | Im Gaza-Konflikt schweigen die Waffen. Wieder stehen vor allem
       die Menschen in Gaza als die unmittelbaren Verlierer der letzten acht
       blutigen Tage da. Die anderen Verlierer sind die Israelis, die in den
       letzten Tagen im Schussfeuer der Raketen aus Gaza gelebt haben.
       
       Wieder einmal hat sich gezeigt, dass man ein internes Kräfteverhältnis
       nicht von außen militärisch verschieben kann, trotz aller Erfolgsmeldungen
       der israelischen Armee über die vermeintlich zerstörte Infrastruktur der
       Hamas. Die militärische Überlegenheit lässt sich auch diesmal nicht in
       einen politischen Erfolg ummünzen.
       
       Das war im Libanon-Krieg 2006 so, aus dem die Hisbollah gestärkt hervor
       ging. Das war beim letzten Gaza-Krieg so, als die Hamas aus den Ruinen
       Gazas mit mehr Selbstbewusstsein und politisch außer Konkurrenz hervorging.
       Es ist anscheinend eine Lektion, die man in Israel, das so stolz über die
       unangefochtene Stärke seines Militärs ist, nicht lernen will.
       
       ## Hamas eingebettet in arabische Welt
       
       Vor allem regional geht die Hamas als großer Sieger vom Platz. Die
       Strategie der politischen Isolation der Hamas, wie ihn Israel, Europa und
       die USA seit dem Hamas-Wahlsieg gefahren haben, ist endgültig gescheitert.
       Die beiden großen Regionalstaaten Ägypten und die Türkei stellen sich
       hinter die Hamas. Die Außenminister der Arabischen Liga hatten
       Hamas-Premier Hanijeh sogar unter israelischem Feuer ihre Aufwartung
       gemacht. Noch nie war die Hamas in der offiziellen arabischen Welt so
       eingebettet wie heute.
       
       Und alle Welt spricht mit ihr, mindestens indirekt. Da mag der deutsche
       Außenminister Guido Westerwelle noch so oft betonen, man stehe nicht direkt
       mit der Hamas in Kontakt. Da mag die Hamas auf noch so vielen
       „Terror-Listen“ stehen. Der einzige Grund, warum Westerwelle und auch seine
       US-Amtskollegin Clinton eilig in den letzten Tagen nach Ägypten gereist
       waren, war die Kontakt-Suche zur Hamas.
       
       Ägypten und der von den Muslimbrüdern abstammende Präsident Muhammad Mursi
       ist für sie alle mehr als Gold wert, aber nicht, weil er ein ehrlicher
       Makler ist. Ägyptens Sympathien für die Palästinenser in Gaza liegen offen
       auf dem Tisch. Ägypten ist so wichtig, weil es Zugang und Einfluss auf die
       Hamas hat und damit zum wichtigsten Kommunikationskanal geworden ist.
       
       ## Ehrliche Makler gibt es nicht
       
       Ehrliche Makler gab es übrigens im Nahen Osten nie. Auch die
       Vermittler-Rolle der USA entsprang immer nur der Tatsache, dass Washington
       Einfluss auf Israel hatte. Das bisherige amerikanische „Vermittler-Monopol“
       hat nun mit der Achse Kairo-Ankara Konkurrenz bekommen. Und die belebt
       bekanntlich das Geschäft. In der Tatsache, dass die Hamas und mit ihr der
       Gazastreifen nun diplomatisch online gegangen ist, steckt auch eine große
       Chance. Mit dem Waffenstillstandabkommen ist die seit Jahren andauernde
       Blockade von 1,6 Millionen Palästinensern im Gazastreifen wieder zum
       internationalen Thema geworden.
       
       Laut dem in Kairo geschlossenen Deal sollen nun Erleichterungen im freien
       Güterverkehrs und der freien Reisetätigkeit im Detail vereinbart werden.
       Die einfachste Formel kann da zu Beginn lauten „mehr Güter über Israel und
       Ägypten, Reiseerleichterungen über Ägypten“. Das hätte sofort eine spürbare
       Verbesserung der Lebensbedingungen in Gaza zur Folge.
       
       Es ist vor allem die Aufgabe Ägyptens, die Hamas-Gewichte von einer
       militanten Organisation zu einer politischen Partei zu verschieben. Es ist
       die Aufgabe der USA und Europas, Israel zu einem endgültigen Ende der
       Gaza-Blockade zu bewegen. Dabei reicht es nicht mehr aus, lediglich dem
       üblichen europäischen Reflex zu folgen und Geld in den Gazastreifen zu
       schütten, weil man das als billiger ansieht als Israel ein Ende der
       Blockade abzuringen.
       
       In diesem Sinne stehen mit dem Waffenstillstandsabkommen nicht nur die
       Palästinenser und Israelis in der Pflicht, die Waffen schweigen zu lassen.
       Das Abkommen ist auch ein Aufruf an die USA und Europa, nun endlich
       gegenüber Israel aktiv eine Politik der überfälligen Öffnung des
       Gazastreifens zu betreiben.
       
       22 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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