# taz.de -- Tödlicher Brand in Behindertenwerkstatt: „Wir dachten, es sei eine Übung“
       
       > Die Ursache für das Feuer bei der Caritas, bei dem 14 Menschen starben,
       > war ein Gasofen. Eine voreilige Debatte über Sicherheitstandards will die
       > Politik nicht.
       
 (IMG) Bild: Ein Rollstuhl steht an der Treppe der Behindertenwerkstatt.
       
       TITISEE-NEUSTADT taz | Im Nieselregen steht Dietlinde Kerler vor ihrem
       Haus. Direkt gegenüber schaut sie auf die Behindertenwerkstatt der Caritas.
       Das Gelände ist abgesperrt, Polizeikräfte fegen Schutt aus dem
       Eingangsbereich. Hier, in Titisee-Neustadt im Hochschwarzwald, ist es am
       Montag zu einer der schlimmsten Brandkatastrophen seit Langem gekommen.
       
       „Wir dachten zunächst, es handele sich um eine Feuerwehrübung“, sagt
       Kerler. Doch schnell wurde ihr klar, dass es viel ernster sein musste. „Als
       jemand ohne Jacke rauslief und allen gezeigt wurde, wie sehr sie sich
       beeilen sollen, wurde mir klar, dass es tatsächlich brennt.“
       
       Das Feuer konnte sie jedoch an der Vorderseite der Werkstatt nicht sehen.
       Von einem Hinterhof aus sind die verbrannten Zimmer am nächsten Tag durch
       offen stehende Fenster zu erahnen. Die Scheiben sind schwarz vom Ruß, zwei
       sind zerbrochen.
       
       Drinnen blitzt es immer wieder auf. Die Polizei ist dabei, den Unglücksort
       zu untersuchen und macht Fotos. Ein Gasofen hat die Brandkatastrophe
       verursacht. Es sei unkontrolliert Gas ausgetreten und verpufft, teilte
       Staatsanwalt Peter Häberle in Titisee-Neustadt am Dienstag mit.
       
       Wegen der Geschwindigkeit, in der sich der Rauch ausbreitete, so vermutet
       Bürgermeister Armin Hintersee vor Ort, habe es bei der Rettung auch keinen
       Unterschied gemacht, ob es sich um Menschen mit oder ohne Behinderung
       gehandelt habe. Die meisten der insgesamt 14 Todesopfer, so erklärt er,
       seien unmittelbar an dem Platz aufgefunden worden, an dem sie arbeiteten.
       Nach bisherigem Untersuchungsstand starben die Menschen nicht an den
       Flammen, sondern an Rauchvergiftungen. Sie hatten höchstwahrscheinlich
       unmittelbar vorher ihr Bewusstsein verloren.
       
       ## Nach sechs Minuten vor Ort
       
       Am Montag hätte eigentlich der Weihnachtsmarkt der Werkstatt beginnen
       sollen. Am Dienstagvormittag steht das Hinweisschild noch an der
       Hofeinfahrt. Unter einem Vordach brennen vier Grablichter.
       
       Ein Rauchmelder hatte am Montag um 14 Uhr Alarm ausgelöst. Bereits nach
       sechs Minuten waren die ersten Einsatzkräfte der Feuerwehr vor Ort. Auch
       die Brandschutztüren hätten schnell geschlossen, so dass die Menschen aus
       dem oberen und unteren Stockwerk sicher das Gebäude verlassen konnten. Die
       Opfer hätten sich alle im mittleren Stock befunden, sagt die Feuerwehr. 97
       Menschen konnten lebend gerettet werden.
       
       Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) wies am Dienstag eine
       voreilige Debatte über neue Sicherheitsstandards zurück. Es gebe bislang
       keine Hinweise auf Sicherheitsmängel in der Behindertenwerkstatt. „Heute
       jedenfalls kann ich sagen, dass es keinerlei Erkenntnisse gibt, dass die
       Sicherheitskonzeption, was Brandschutz und Arbeitsschutz anbelangt, nicht
       eingehalten worden ist.“
       
       Auch Forderungen, die Einrichtung hätte mit einer Sprenkleranlage
       ausgestattet sein müssen, wies Gall als voreilig zurück. Eine solche Anlage
       sei nicht vorgeschrieben. Es komme vielmehr darauf an, ob die Konzeption
       der Rettungswege stimme und dass geübt werde, wie man sich in
       entsprechenden Situationen verhalte. Dies sei bei der Caritas-Werkstatt
       regelmäßig der Fall gewesen. Die letzte Übung habe im vergangenen Jahr
       stattgefunden, so die Feuerwehr. Am Samstag soll in Titisee-Neustatt eine
       Trauerfeier stattfinden.
       
       27 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
       
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