# taz.de -- Stimmenfang unter Christen: Banges Buhlen um die Schäfchen
       
       > Niedersachsens CDU sucht die Nähe zu den Kirchenmitgliedern - mit Wahl-
       > und Spendenaufruf in einer Katholikenzeitung. Von den Kanzeln im Land
       > erklang die Kritik an Schwarz-Gelb zuletzt immer lauter.
       
 (IMG) Bild: Naturgemäß Partner? Ministerpräsident David McAllister (l.) und Hildesheims Bischof Norbert Trelle.
       
       HANNOVER taz | Niedersachsens CDU muss vor der Landtagswahl im Januar
       offenbar verstärkt um Stimmen ihrer Kernklientel aus dem Kirchenmilieu
       kämpfen. Mit dem Kirchenboten, der Bistumszeitung der Diözese Osnabrück,
       flatterte KatholikInnen im Nordwesten des Landes jüngst ein Spenden- und
       Wahlaufruf der CDU ins Haus. Erstmals vor einer Wahl hat sich die CDU laut
       Anzeigenleitung in das Blatt, herausgegeben von Osnabrücks Bischof
       Franz-Josef Bode höchstselbst, eingebucht.
       
       „Ihre Spende. Unser Erfolg“, heißt es in dem Flyer, „wählen Sie mit beiden
       Stimmen CDU.“ Denn: „Christliche Werte bestimmen unser Handeln“, wie die
       CDU in ihrer Beilage schreibt – illustriert mit Bildern vom heilen
       Familienidyll: Vater, Mutter, zwei Kinder, Oma und Opa in herbstlicher
       Stimmung.
       
       Diese Botschaft muss Niedersachsens CDU mit Ministerpräsident David
       McAllister, der bei der Wahl im Januar um die Regierungsbeteiligung
       fürchten muss, offenbar verstärkt absetzen. Die CDU ist in aktuellen
       Umfragen mit 41 Prozent zwar stärkste Partei. Der Koalitionspartner FDP
       aber droht am Landtagseinzug zu scheitern – während SPD und Grüne voll auf
       Rot-Grün setzen. Entsprechend strebt die CDU ein maximal starkes Ergebnis
       an, wirbt mit allen Mitteln um Stimmen ihrer Klientel.
       
       Ein Selbstläufer dürfte das nicht werden – gerade im Kirchenmilieu. Denn
       gerade dort ist die Kritik am Kurs von Schwarz-Gelb zuletzt besonders laut
       zu hören gewesen. Dauerthema ist die Flüchtlingspolitik von Innenminister
       Uwe Schünemann (CDU). Im Sommer waren evangelische und katholische Kirche
       zeitweise kurz vor dem Auszug aus dessen Härtefallkommission: „Brennende
       Sorge“ bereitete ihnen, dass das Gremium zu selten nach humanitären Gründen
       entscheiden könne. Erst Anfang des Monats lud die katholische Kirche mit
       Caritas-Direktor Hans-Jürgen Marcus ein Ex-Kommissionsmitglied zum Vortrag
       nach Hannover – der eine „ernüchterte Bilanz“ zog.
       
       Streit gibt es aber immer öfter auch um die Agrarpolitik: Vor allem die in
       Niedersachsen boomende Fleischindustrie mit Lohndumping und schlechten
       Arbeits- und Lebensbedingungen für Migranten steht immer häufiger in der
       Kritik der christlichen Kirchen. Werbung für die CDU sind solche Debatten
       nicht.
       
       Und so wundert es kaum, dass die Union im Wahlkampf neue Wege sucht: „Die
       Ausnahme“ sei es, dass eine Partei Werbematerial im Osnabrücker
       Kirchenboten mit einer Druckauflage von 29.000 Exemplaren schaltet, heißt
       es von der Anzeigenleitung. Die CDU-Anfrage habe man intern diskutiert,
       sich aber dafür entschieden – es gehe schließlich um die CDU, nicht etwa
       die NPD. Und für die LeserInnen „müsste eindeutig sein, dass dieses Produkt
       von außen kommt“.
       
       Ganz so eindeutig findet die Konkurrenz die Werbeoffensive allerdings
       nicht: „Die Kirchen sind gut beraten, jeglichen Anschein von
       parteipolitischer Einseitigkeit gar nicht erst aufkommen zu lassen“, sagt
       etwa der Grünen-Abgeordnete Helge Limburg. Auch seine Fraktionskollegin
       Meta Janssen-Kucz fordert die Kirchen auf, „sich von dieser Art von Wahl-
       und Spendenaufrufen zu distanzieren“ – zumal der CDU „das C und die
       christlichen Werte und Menschlichkeit immer mehr abhanden gekommen“ seien.
       „Äußerst ungewöhnlich“ nennt auch SPD-Wahlkampfleiter Michael Rüter
       Spendenwerbung wie jene der CDU im Bistumsblatt. Und fühlt sich gar an „die
       amerikanisierten Wahlkampfmethoden von Mitt Romney erinnert“.
       
       Die CDU selbst sieht sich mit dem Kirchenboten bestens bedient: „Es liegt
       auf der Hand, dass wir unsere Argumente bei Mitgliedern der Kirche, die uns
       bekanntermaßen zu erheblichen Teilen unterstützen, gut platzieren können“,
       erklärt ein Parteisprecher.
       
       30 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schünemann
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahlen
       
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