# taz.de -- AKW an deutschen Grenzen: Auf Reaktoren nicht reagiert
       
       > Die Niederlande und Belgien lassen ihre Uralt-AKW länger am Netz. Die
       > Bundesregierung prüft nicht mal ihr Mitspracherecht, rügen die Grünen.
       
 (IMG) Bild: Angeblich sicher: Das belgische Atomkraftwerk Tihange.
       
       BERLIN taz | Sowohl Belgien als auch die Niederlande haben die Laufzeiten
       ihrer Atomkraftwerke drastisch verlängert – auf bis zu 60 Jahre. Die
       Bundesregierung macht dennoch keine Anstalten, sich ein eigenes Bild über
       die Sicherheit der Reaktoren zu machen. Bis heute liegen nicht einmal
       Übersetzungen der Beschlüsse aus den Nachbarländern vor.
       
       Das geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen an die
       Bundesregierung hervor, die der taz vorliegt. „Unehrlich und inkonsequent“
       sei dieses Verhalten, kritisiert die Grünen-Atomexpertin Sylvia
       Kotting-Uhl. In den Niederlanden handelt es sich um das AKW Borssele.
       
       Im Oktober entschied die Regierung dort eine Laufzeitverlängerung bis zum
       Jahr 2033. Das Kraftwerk, bereits seit 1973 in Betrieb, würde dem Absturz
       einer Passagiermaschine nicht standhalten. Sicherheitsstandards und Alter
       entsprechen den deutschen Atomkraftwerken, die nach Fukushima von der
       Bundesregierung als zu unsicher eingestuft worden sind.
       
       In Belgien will die Regierung Block 1 des Kraftwerks in Tihange statt bis
       2015 bis 2025 – und damit insgesamt 50 Jahre – am Netz halten. Selbst der
       Betreiber Electrabel war dagegen, weil sich die nötigen Investitionen nicht
       rechnen würden – worauf die belgische Regierung drohte, das AKW kurzerhand
       zu beschlagnahmen.
       
       ## Kein Abkommen mit Belgien
       
       „Wenn der Atomausstieg von der Bundesregierung nicht nur wahltaktisch
       begründet war, sondern tatsächlich ein neues Sicherheitsbewusstsein
       widerspiegeln soll, dann muss die Bundesregierung sich endlich auch um die
       Risikomeiler rund um Deutschland kümmern“, sagt Kottig-Uhl.
       
       Mit Belgien gibt es nicht einmal ein Abkommen zur Zusammenarbeit bei
       nuklearen Sicherheitsfragen, wie etwa mit Tschechien oder Frankreich. Die
       Bundesregierung verweist auf Gremien der EU oder der OECD, in denen man
       sich austausche. Alles andere obliege der Atomaufsicht der jeweiligen
       Länder – wie die Frage, ob für eine Laufzeitverlängerung eine
       Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist.
       
       Diese Frage beantwortet die niederländische Atomaufsicht mit einem klaren
       Nein. Das hat Gründe: Sie müsste sonst der Öffentlichkeit in den
       Nachbarländern das gleiche Mitspracherecht einräumen wie der eigenen
       Bevölkerung. „Allein der zusätzliche Atommüll hat massive Auswirkungen auf
       die Umwelt“, sagt Peer de Rijk, Leiter der niederländischen
       Umweltorganisation Wise.
       
       Er prüft nun eine Klage gegen seine Regierung. Die hat auch Deutschen die
       Möglichkeit eingeräumt, Einwände gegen die längere Laufzeit zu äußern. Die
       Frist dazu lief am 5. Dezember aus. Die Unterlagen lagen nur in
       Niederländisch vor – das deutsche Umweltministerium machte sich nicht die
       Mühe, auf den Termin hinzuweisen.
       
       7 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
 (DIR) Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Atomkraftwerk
 (DIR) Atomausstieg
 (DIR) AKW
 (DIR) Atomgesetz
 (DIR) Japan
 (DIR) Atommüll
 (DIR) Flamanville
 (DIR) Flamanville
 (DIR) Temelin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Belgische AKW sollen wieder ans Netz: Die Risikoforscherin rät ab
       
       Belgiens Regierung will zwei wegen Rissen im Reaktorkern vom Netz genomme
       Meiler wieder in Betrieb nehmen. Eine Werkstoff-Expertin warnt
       nachdrücklich.
       
 (DIR) Neues Atomgesetz: Import-Export für Strahlenmüll
       
       Das von der Bundesregierung vorgelegte neue Atomgesetz soll Endlagerung im
       Ausland erlauben. Umweltschützer fürchten dabei Tricksereien.
       
 (DIR) Energiepolitik zur Wahl in Japan: Fukushima zählt nicht
       
       Die Mehrheit der Japaner ist für einen Atomausstieg. Die Wahl beeinflusst
       das kaum. Politiker gehen davon aus, dass sich die kritische Stimmung
       wieder legen wird.
       
 (DIR) Lagerung von Atommüll: Kein Pokern mit der Asse
       
       Alle Fraktionen im Bundestag sind sich über ein Gesetz einig, das die
       Rückholung aus dem Bergwerk beschleunigen soll. Bürgerinitiativen sind
       gespalten.
       
 (DIR) Kommentar AKW Flamanville: Tor auf für die Russen
       
       Beim neuen Europäischen Druckwasserreaktor in Flamanville wachsen die
       Kosten ins Unermessliche. Die Sicherheit von AKWs schwindet weiter.
       
 (DIR) Pannenserie in französischem AKW: Flamanville kommt nicht zur Ruhe
       
       Seit Monaten ist das französische Atomkraftwerk Flamanville pannenanfällig.
       Die Zwischenfälle sind nicht besonders schwer. Aber sie häufen sich.
       
 (DIR) Atomkraft in Tschechien: Die verflixte Schweißnaht
       
       Tschechien will neue Atomkraftwerke bauen. Dabei ist bis heute unklar, ob
       beim Bau der bestehenden Meiler gepfuscht wurde.