# taz.de -- Alternative zur Küstenautobahn: Im Bürgerbus nach Himmelpforten
       
       > Eine Initiative in der Gemeinde Oldendorf bei Stade will ehrenamtlich
       > Busfahren. Das Modell hat sich anderswo bewährt.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur zum Gottesdienst: Bürger transportieren Bürger im Münsterländischen Schöppingen.
       
       HAMBURG taz | Der kürzeste Weg in die weite Welt führt durch Himmelpforten
       – zumindest wenn man in Oldendorf wohnt. An dem Ort im Landkreis Stade, in
       dem das dem Weihnachtspostamt seinen Sitz hat, kommen die Oldendorfer nicht
       vorbei – egal, ob sie mit der Bahn oder auf der Bundesstraße 73 unterwegs
       sind.
       
       Um den Anschluss zu verbessern, plant eine Initiative einen Bürgerbus mit
       ehrenamtlichen Fahrern. Ihre Hoffnung: Verbessert sich der Öffentliche
       Nahverkehr, sinkt der Druck, eine Autobahn durch die ländliche Gegend zu
       bauen. Andere Kommunen in Niedersachsen haben mit dem Modell gute
       Erfahrungen gemacht.
       
       Oldendorf liegt an der Trasse der geplanten Küstenautobahn A 20, die von
       Schleswig-Holstein über den Wesertunnel bei Bremen in die Niederlande
       führen soll. Viele sehen in der Autobahn eine Voraussetzung dafür, dass das
       platte Land nicht ausblutet: dass die Leute in angemessener Zeit zur Arbeit
       kommen, dass sich Unternehmen ansiedeln oder wenigstens nicht weggehen. Die
       Gegner der Autobahn – Leute die an der Trasse wohnen, Naturschützer, Grüne
       – halten sie für überflüssig und sie versuchen, Alternativen zu zeigen.
       
       Zu ihnen gehört Ursula Männich-Polenz, Landtagskandidatin der Grünen für
       den Kreis Stade. „Ich bin als zukünftige Fahrerin im Pool“, sagt sie. Das
       Fahrerteam, das bereit steht, umfasst 20 Ehrenamtliche, die zwei halbe Tage
       im Monat fahren und zwei weitere halbe Tage als Vertretungsreserve bereit
       stehen müssten.
       
       Sie wollen Kleinbusse mit acht Passagieren fahren, wozu neben dem
       PKW-Führerschein nur ein wenig aufwändiger Personenbeförderungsschein
       erforderlich wäre. Ihre regelmäßige Tour soll am Bahnhof Himmelpforten
       beginnen, das Oldendorfer Gebiet abklappern und wieder am Bahnhof enden.
       
       Männich-Polenz sieht die nur tagsüber verkehrenden Bürgerbusse als
       Ergänzung zu Anruf-Sammeltaxis, mit dem sich Bahnfahrer nach Hause
       kutschieren lassen können. Die fahren aber keine regelmäßige Tour mit
       festen Anlaufstationen und seien vielen Leuten zu kompliziert, so
       Männich-Polenz.
       
       „Bürgerbusse sollen nur dort zum Einsatz kommen, wo der normale
       Linienbus-Unternehmer nicht fährt, weil es sich für ihn nicht rechnet“,
       sagt Rainer Peters, Sprecher der Landesnahverkehrsgesellschaft
       Niedersachsen (LNVG), die den Verkehr für das Land organisiert. Mit 300.000
       bis 400.000 Euro im Jahr – rund 60.000 Euro pro Antrag – fördert die LNVG
       die Anschaffung von Bürgerbussen.
       
       75 Prozent der Anschaffungskosten könnten von der LNVG kommen, sagt Viktor
       Pusswald, die treibende Kraft hinter dem Oldendorfer Bürgerbus. Den Rest
       müsste der Kreis beisteuern, weil er für den Nahverkehr zuständig ist. „Der
       Landkreis ziert sich“, sagt Pusswald. Die Betriebskosten von 30.000 Euro
       pro Jahr will er zu knapp der Hälfte von der Samtgemeinde tragen lassen;
       den Rest sollen Werbe- und Fahrgeldeinnahmen decken.
       
       Ob die Samtgemeinde mitspielt, ist offen. Ende Januar oder Anfang Februar
       wird es ein Gespräch zwischen der Initiative, Politik und Verwaltung geben.
       „Dann sollen die ein verbindliches Konzept vorlegen“, sagt Thorsten
       Liebeck, Fachbereichsleiter in der Samtgemeindeverwaltung. Die Idee sei mit
       Sicherheit gut.
       
       Das legen auch die Erfahrungen anderer Kommunen nahe. „Wir sind sehr
       zufrieden mit dem zusätzlichen Angebot“, versichert Stefan Schwenke,
       parteiloser Bürgermeister von Worpswede. Dort fungieren die Eisenbahn- und
       Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB) als Projektträger. Die Finanzierung durch
       das Land, den Kreis und die Gemeinden Worpswede und Grasberg wird ergänzt
       durch Sponsoring von der Volksbank und der Sparkasse. Der Zuschuss der
       Gemeinden sei verschwindend gering, sagt Schwenke.
       
       In Westerstede sei das Bürgerbusprojekt politisch umstritten gewesen,
       berichtet dessen Bürgermeister Klaus Groß (FDP). Deshalb sei es zunächst
       befristet worden. „Aber das ist jetzt keine Frage mehr“, sagt Groß. „Wir
       haben überzeugt durch den Betrieb.“ Entscheidend sei es, viele Freiwillige
       zu finden.
       
       Auch Ursula Männich-Polenz in Himmelpforten vermutet, es werde aber nötig
       sein, sich ständig um weitere Fahrer zu bemühen. Ihr Fahrerteam hält sie
       für zuverlässig. „Es war überhaupt kein Problem, die 20 Leute zu bekommen“,
       sagt die Landtagskandidatin, „eher ein Problem sie zu halten, weil es nicht
       losgeht“.
       
       24 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Auto
       
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