# taz.de -- Kommentar Peer Steinbrück: Kaltherzig und beratungsresistent
       
       > Ein Mann, der die Kanzlerschaft als eine Art mies bezahlten
       > Geschäftsführerposten begreift, ist für Angela Merkel keine ernsthafte
       > politische Herausforderung.
       
 (IMG) Bild: Hat schon mal Blumen für die künftige Wahlsiegerin besorgt und will ihr ein höheres Gehalt zuschanzen: Peer Steinbrück.
       
       Die letzten Tage dieses Jahres halten für die Bundeskanzlerin ganz
       besonders entspannte Stunden bereit. Zwar klaffen in jenem Land, dessen
       Regierung sie führt, tiefe soziale Lücken. Zwar wankt der Euro. Und ja, ihr
       Wunschpartner FDP sendet nur noch ganz schwache Signale von
       Regierungsfähigkeit. Dennoch kann Angela Merkel beruhigt in das Wahljahr
       2013 gehen. Denn ihr Konkurrent von der SPD schießt sich gerade selbst ins
       Aus. Ein Mann, der die Kanzlerschaft als eine Art mies bezahlten
       Geschäftsführerposten begreift, ist für Angela Merkel keine ernsthafte
       politische Herausforderung.
       
       „Ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu
       wenig“, hat Peer Steinbrück im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen
       Sonntagszeitung erklärt. Gemessen an der Leistung, die sie oder er
       erbringen müsse, gemessen an Verantwortung und Zeitaufwand, seien die
       monatlich 16.085,91 Euro Kanzlerinnen-Salär schlicht zu wenig. Nahezu jeder
       Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdiene mehr.
       
       Diese Einlassungen des SPD-Spitzenkandidaten offenbaren gleich mehrere
       Überheblichkeiten. Da ist zum einen die Geste der persönlichen Gnade, die
       er als Berufspolitiker den Wählerinnen und Wählern zu erweisen meint. „Ich
       hätte auch was anderes machen können und viel mehr Geld verdienen können.“
       Diese Botschaft sendet Peer Steinbrück auch Menschen, die keine oder nur
       prekäre Jobs finden, Leuten, die nicht neben ihrem Mandat noch ein paar
       Aufsichtsratsposten haben oder Zeit, Vorträge zu halten und Bücher zu
       vermarkten.
       
       Politiker dieses Schlages möchte man gern mal bei der Hand nehmen und ihnen
       freundlich raten: Dann lasst es! Niemand hat euch gezwungen, auf
       Wahlplakaten um Wählerstimmen zu bitten.
       
       Zum anderen ist da die Haltung eines Sozialdemokraten gegenüber seinen
       Wählern. Die Wurzeln der SPD liegen in der Arbeiterbewegung, im Kampf für
       soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Ihr frisch gekürter Kandidat
       ignoriert diese 150jährige Geschichte, wenn er mit seinen unverhohlenen
       Bedürfnissen nach Geld und Geltung „auch über eine klassische
       SPD-Wählerschaft hinaus wirken“ möchte.
       
       Auch Grünen- oder Linkspartei-Wählern bleibt nicht verborgen, wie tief
       diese Gesellschaft in vielen Lebensbereichen gespalten ist. Ob Gesundheit
       oder Bildung, Lohn oder Rente – das Gefälle sieht jeder, der nicht in der
       gepanzerten Limousine durchs Leben fährt. Kaltherzigkeit eines „vermögenden
       Sozialdemokraten“ gegenüber Schwächeren wird in dieser Gesellschaft schon
       lange nicht mehr honoriert. Steinbrücks Äußerungen über das Geld der
       anderen treiben die Grünen weg von der SPD – und direkt in eine Koalition
       mit der Union.
       
       Zum dritten ist da die offensichtliche Beratungsresistenz des Kandidaten.
       Zwar hat Peer Steinbrück ein mehrköpfiges „Kompetenzteam“ ins
       Willy-Brandt-Haus geholt, das unter anderem die Kommunikation managen soll.
       Dass nun aber ein Interview erscheint, in dem der SPD-Mann über
       „Tugendwächter“ spottet und den Wählerinnen erklärt, sie würden Merkel nur
       wegen ihres „Frauenbonus“ schätzen, zeigt, dass dieser Kandidat sich
       scheinbar bei niemandem Rat holt. Wohl weil er meint, dass er den nicht
       braucht. Es ist dies der Punkt, an dem Steinbrück letztlich scheitern
       könnte: an sich selbst.
       
       30 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
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