# taz.de -- Diskussion über Verkehrssicherheit: Raser auf der falschen Spur
       
       > Statistisch gesehen passieren Unfälle mit Geisterfahrern selten. Trotzdem
       > haben Karambolagen jetzt wieder eine Debatte über Verkehrssicherheit
       > ausgelöst.
       
 (IMG) Bild: Eine bessere Ausschilderung ist für viele Experten der Schlüssel zur Vermeidung von Geisterfahrten
       
       BERLIN taz | Es sind die Unfälle, die es in die Tagesschau schaffen: Am
       Neujahrsabend zum Beispiel. Da bog ein 40-Tonner falsch auf die A 1 ein.
       Beim Versuch zu wenden, stieß der Lkw mit mehreren Pkws zusammen. Zwei
       Menschen kamen zu Tode. Durch Geisterfahrer bedingte Unfälle seien
       „spektakulär, statistisch aber irrelevant“, sagt Wolfgang Schubert,
       Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie in Berlin.
       
       Trotzdem gibt es derzeit wieder eine lebhafte Debatte, wie Falschfahrten
       verhindert werden könnten. Die öffentliche Wahrnehmung sei durch
       Verschwörungstheorien geprägt – „bis hin zur Suizidvermutung“, so Schubert.
       Die TU Dresden untersuchte 2012 mehr als 20.000 Verkehrsunfälle mit
       Todesfolgen, die sich seit dem Jahr 2000 ereigneten. Nur 11 wurden von
       Geisterfahrern verursacht.
       
       Dass Autofahrer falsch auf Autobahnen oder andere Straßen mit getrennten
       Spuren einbiegen, kommt jedoch immer wieder vor, und an manchen Stellen
       besonders häufig. Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club e. V. (ADAC) hat
       bei einer Auswertung aller Falschfahrermeldungen aus den Jahren 2010 und
       2011 um die 30 auffällige Strecken identifiziert. Es handelt sich
       größtenteils um Zubringer- und Verbindungsstraßen in Ballungsgebieten.
       
       Das größte Risiko, falsch abzubiegen, besteht laut ADAC auf kurzen
       Autobahnabschnitten. Im Vergleich der Bundesländer liegen Berlin, Hamburg,
       Bremen und das Saarland weit vorn. Der ADAC erklärt dies mit einer höheren
       Anzahl von Anschlussstellen in dicht besiedelten Räumen. Deutlich besser
       schnitten die ostdeutschen Länder ab. Fernstraßen im Osten seien oft neuer
       und nach aktuelleren Richtlinien ausgebaut und beschildert, Wegweiser
       befänden sich in einem besseren Zustand.
       
       ## Wenden auf der Fahrbahn
       
       Eine Studie der schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu)
       zeigt, dass vor allem junge FahrerInnen oft versuchten, auf der Fahrbahn zu
       wenden, wenn sie sich verfahren haben. Auf diese Weise passierten 40
       Prozent der Fahrten in die falsche Richtung. In 50 Prozent der Fälle führen
       ältere Leute falsch auf Autobahnen auf, weil sie Ab- und Auffahrten
       verwechselten.
       
       Eine bessere Ausschilderung ist für viele Experten deshalb der Schlüssel
       zur Vermeidung von Geisterfahrten. In Österreich und den Niederlanden haben
       grelle Schilder mit der Aufschrift „Stop, falsch“, die flächendeckend an
       Anschlussstellen und Rastplätzen stehen, den Autoren der bfu-Studie zufolge
       die Anzahl der Geisterfahrten verringert.
       
       Der ADAC fordert solche Warnschilder sowie zusätzliche Leitlinien und
       Pfeile auch für alle Gefahrenstellen in Deutschland. Anschlüsse und
       Autobahnkreuze sollten nachts regelmäßig darauf geprüft werden, ob die
       Markierungen sichtbar und verständlich genug sind. Die neongelben
       Warntafeln an allen 4.000 Auffahrten und 2.000 Rastanlagen Deutschlands
       anzubringen, dürfte laut ADAC rund 30 Millionen Euro kosten.
       
       ## Krallen auf der Fahrbahn
       
       Eine andere Lösung wären Krallen, wie es sie in den USA gibt. Sie zerfetzen
       die Reifen von Fahrzeugen, die in die falsche Richtung fahren. Davon rät
       die bfu allerdings ab: Platzende Reifen steigerten nur die Gefahr. Eine
       kostengünstigere Alternative sieht Psychologe Schubert in der
       Wissensvermittlung. Einmal auf der falschen Spur, wüssten Autofahrer oft
       nicht, wie sie reagieren sollen. „Man unterschätzt die Gefahr und
       überschätzt die eigenen Möglichkeiten“, so der Experte. Anstatt rechts
       ranzufahren und die Polizei zu rufen, versuchten Autofahrer, die Situation
       selbst zu retten – aus Angst vor Strafen.
       
       Eine Korrektur des Fehlers sei aber nur mit fremder Hilfe möglich. Andere
       Kritiker fordern weitreichendere Maßnahmen. Schilder würden Autofahrer
       meist erst zu spät auf den Fehler aufmerksam machen. Sie fordern
       städtebauliche Änderungen. Auf- und Abfahrten müssten weiter auseinander
       gebaut werden, damit sie nicht verwechselt würden.
       
       3 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) T. Block
 (DIR) F. Schultess
       
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