# taz.de -- Windenergie aus dem Meer: Offshore-Parks bringen es nicht
       
       > Dutzende Offshore-Windparks werden in den nächsten Jahren errichtet. Doch
       > einer der angeblichen Vorteile der Windräder im Meer ist wohl keiner.
       
 (IMG) Bild: Offenbar überschätzt: Offshore-Energie.
       
       BERLIN taz | Wie wichtig Windparks im Meer mittlerweile ökonomisch für die
       norddeutschen Küstenländer sind, zeigte sich am Dienstag in Hannover:
       Hunderte Werftarbeiter demonstrierten am Rande einer Offshore-Konferenz des
       Bundeswirtschaftsministeriums für eine schnellere Energiewende. Sie hoffen,
       dass die neue Industrie ihre Jobs rettet: Bis 2020 sollen nach Plänen der
       Bundesregierung zehn Gigawatt Windleistung in Nord- und Ostsee installiert
       sein – bis zu 3.000 Windräder, die so viel Strom erzeugen wie fünf
       Atomkraftwerke.
       
       Eines der wichtigsten Argumente für die Technik, die deutlich höher
       gefördert wird als Windkraft an Land: Windräder auf See erzeugen nicht nur
       mehr Strom, sondern auch verlässlicher – weil der Wind häufiger weht. Das
       allerdings scheint nach einer neuen Studie der Stiftung „100 Prozent
       erneuerbar“ zweifelhaft zu sein.
       
       Das entscheidende Kriterium hieß bisher „Volllaststunden“: Nur selten bläst
       der Wind so stark, dass ein Windrad seine volle Leistung erreicht und nur
       selten steht es völlig still. Die meiste Zeit dreht es sich gemächlich und
       erzeugt weniger Strom, als der Generator auf dem Turm liefern könnte. Aufs
       Jahr verteilt kommt bei einer Windmühle an Land so viel Strom heraus, als
       würde sie rund 2.000 Stunden bei voller Leistung laufen, also rund ein
       Viertel der 8.760 Stunden eines Jahres. Auf See sind es doppelt so viele
       Stunden. Ergo: Offshore ist verlässlicher?
       
       Mitnichten, sagt nun die Studie. Denn viel entscheidender für das Stromnetz
       ist, wie stark die Produktion schwankt. Ein Windrad, dass sich das ganze
       Jahr gemütlich dreht, ist berechenbarer als eines, das zwar insgesamt mehr
       Strom liefern, sich dafür aber mal stärker, mal schwächer dreht.
       
       Die Autoren haben zwischen 2005 und 2009 an 37 Standorten in Deutschland
       Winddaten ausgewertet und kommen zu dem Ergebnis: In den zentralen
       Mittelgebirgen und an vielen nördlichen Standorten an Land erzeugen
       Windkraftanlagen gleichmäßiger Strom als auf dem Meer. Das ist das
       entscheidende Kriterium, wenn es um planbaren Netzausbau und die Frage
       geht, wie viel Stromspeicher nötig sind. „Bei der Netzverträglichkeit nur
       auf die Volllaststunden zu schauen, macht keinen Sinn“, sagt René Mono,
       Geschäftsführer der Stiftung.
       
       ## Wissenschaftliche Erhebungen fehlen
       
       In der Studie stellt er der bisherigen Planung des Windkraftausbaus in
       Deutschland ein chaotisches Zeugnis aus: Über die Frage, wie Windräder in
       Deutschland am besten verteilt werden müssen, um eine gleichmäßige
       Stromerzeugung zu gewährleisten, würden bisher kaum wissenschaftlichen
       Erkenntnisse vorliegen. „Die Argumente für das eine oder andere
       Ausbauszenario sind wissenschaftlich nur unzureichend gestützt“, heißt es
       in der Studie.
       
       Allerdings ist die Stiftung nicht unabhängig: Sie wird bezahlt von den
       Gründern der Firma juwi, die ihr Geld mit Windrädern an Land verdient.
       Firmenchef Matthias Willenbacher gilt nicht eben als Freund der
       Offshore-Windkraft. Ähnlich positioniert sich auch der Bundesverband
       Windenergie: Dort glaubt man schon lange, dass der Zeitplan zum Ausbau der
       Meereswindkraft nicht einzuhalten ist.
       
       Doch selbst ein Interessenvertreter der Offshore-Windkraft sieht die
       Notwendigkeit, ein weiteres Kriterium für die Netzverträglichkeit von
       Windstrom zu entwickeln. „Da braucht es tatsächlich einen zweiten
       Indikator“, sagt Ronny Meyer, Geschäftsführer der Windenergie Agentur WAB.
       Ein guter Ausgleich für die Offshore-Windräder im Norden seien übrigens
       Windräder in Süddeutschland: Oft weht dort der Wind, wenn im Norden Flaute
       herrscht.
       
       9 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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