# taz.de -- Parabel über Anpassung: Warum er sterben musste
       
       > Der Schwarzwaldjunge bekreuzigte sich stets artig zum Glockenschlag. Doch
       > etwas stimmte nicht mit ihm.
       
 (IMG) Bild: Der Schwarzwald ist schön. Aber die Langzeitfolgen sind kaum erforscht.
       
       Es war einmal ein gut gewachsener Schwarzwaldjunge, aber anders als die
       anderen Schwarzwaldbewohner hatte der Schwarzwaldjunge eine schwarze Hose
       an. Nur manchmal litt er darunter, er war ein tapferer Junge. Selten weinte
       er in sein Kissen hinein und wünschte sich eine weiße Hose herbei. Der
       Schwarzwaldjunge wollte einfach nur geliebt werden.
       
       Deshalb aß er Schwarzwälder-Schinken-Brote und verhielt sich so, wie die
       anderen Schwarzwälder es nicht von ihm erwartet hätten. Er wurde Mitglied
       im Schwarzwälder Kegelverein, zum sonntäglichen Glockenschlag kniete er
       nieder und bekreuzigte sich, er dachte wie sie und sprach wie sie.
       
       Und dann sagten sie ihm, dass er ein ganz besonderer Schwarzwaldjunge sei.
       Das erfüllte das Herz des Schwarzwaldjungen mit Freude, doch Worte über
       seine schwarze Hose konnte er nur schwerlich ertragen.
       
       Deswegen schrie der Schwarzwaldjunge ganz laut, wenn Menschen in schwarzen
       Hosen – ganz egal ob hier oder dort oder anderswo – diskriminiert wurden.
       Er sagte, es gäbe Gegenden, da traue sich beileibe kein Schwarzhosenträger
       hin. Er setzte sich dafür ein, dass schwarze Hosen aus Kinderbüchern
       verbannt wurden und mochte es nicht, wenn sich Weißhosenträger die Hosen
       schwarz färbten.
       
       Er duldete keinen Witz über schwarze Hosen, denn Spaß war seine Sache
       nicht. Er echauffierte sich über den Namen Schwarzwurzelgemüse. Dem
       Schwarzwaldjungen ging es dabei um nichts Geringeres als Gerechtigkeit.
       
       Schon bald wurde der Schwarzwaldjunge berühmt für sein Engagement und immer
       mehr Menschen über den Schwarzwald hinaus sagten, er sei ein ganz
       besonderer Schwarzwaldjunge.
       
       Einmal fuhr er das erste Mal in eine große Stadt. In der U-Bahn sah er
       andere Schwarzhosenträger, die sich nicht benehmen konnten. Sie redeten und
       lachten so laut, dass es die anderen Fahrgäste störte. Das war dem
       Schwarzwaldjungen sichtlich unangenehm. Schnell holte er seinen geliebten
       Herder hervor und wechselte den Platz, um nicht zu ihnen gezählt zu werden.
       
       Froh war er insgeheim, als er daheim wieder von Weißhosenträgern umgeben
       war, er erzählte ihnen von seinem harten Schicksal, schwarze Hosen zu
       tragen. Und sie nickten mitleidig und sagten ihm, dass er ein ganz
       besonderer Schwarzwaldjunge sei.
       
       Es kam der Tag, da kam ein Mädchen mit schwarzen Hosen in den Schwarzwald
       und erschoss den armen Schwarzwaldjungen, weil sie fand, dass er so
       fürchterlich nervte.
       
       Der Schwarzwaldjunge erkannte in der Dunkelheit seine Peinigerin nicht. Er
       starb selig in dem Glauben, dass er wegen seiner schwarzen Hose getötet
       wurde und dass er sein Leben für seinen unerschütterlichen Kampf hatte
       lassen müssen. Und wenn er nicht gestorben wäre, dann hieße der Schwarzwald
       jetzt anders.
       
       9 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasmin Kalarickal
       
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