# taz.de -- Zensur in China: Hinter der großen Firewall
       
       > In China haben Facebook und Google keine Macht. Dafür die Zensur, die ihr
       > eigenes Netz schafft. Manche Kopien sind mittlerweile größer als die
       > Originale.
       
 (IMG) Bild: Chinas Antwort auf eBay: ein Warenlager des Online-Auktionshauses Taobao.
       
       Weixin 
       
       Vorbild: [1][Skype]/WhatsApp
       
       Nutzen: Bei Weixin handelt es sich um ein Chat- und Onlinetelefondienst,
       vergleichbar mit den hierzulande gebräuchlichen Diensten WhatsApp oder
       Skype. Es funktioniert im Prinzip wie jedes andere Chatprogramm auch.
       
       Chinesische Besonderheit: Weixin verfügt über ein paar Funktionen, die sich
       in China enormer Beliebtheit erfreuen. So kann der Smartphone-Nutzer über
       Weixin eine Telefonnachricht aufsprechen, die der Empfänger dann jederzeit
       wie bei einer Kurznachricht abrufen kann, nur eben vertont. Beliebt sind
       auch die sogenannte Flaschenpost- sowie die Schüttelfunktion. In beiden
       Fällen verschickt der Nutzer eine möglichst persönlich formulierte
       Kontaktanfrage an unbekannt. Bei der Flaschenpost entscheidet der Zufall,
       wer diese Anfrage empfängt. Bei der Schüttelfunktion ist der Empfänger
       jemand in unmittelbarer Nähe. Angeblich sind in China auf diese Weise schon
       Millionen von Freundschaften zustande gekommen.
       
       Überwachungsfaktor: Bislang gering. Wahrscheinlich kennen die
       Zensurbehörden diesen vergleichsweise jungen Service nicht.
       
       Exportpotenzial: Sehr groß. Unter dem Namen WeChat erfreut sich Weixin mit
       diesen vielen spielerischen Zusatzfunktionen unter NutzerInnen in
       Südostasien großer Beliebtheit. Nun arbeitet man bei Weixin an Strategien
       für den globalen Siegeszug.
       
       ## 
       
       ***
       
       Youku 
       
       Vorbild: [2][YouTube] 
       
       Nutzen: Nachdem Chinas Zensurbehörden 2010 YouTube für den chinesischen
       Nutzer gesperrt hat, ist Youku zum meist genutzten Online-Videoportal in
       der Volksrepublik aufgestiegen.
       
       Chinesische Besonderheit: Anders als beim westlichen Pendant können
       Youku-Nutzer Filme in beliebiger Länge ins Netz stellen oder abrufen.
       Deswegen finden sich auch viele aktuelle Kinofilme auf Youku – was bis vor
       Kurzem auch für heftigen Ärger mit dem Urheberrecht sorgte. Hollywood und
       die großen US-Fernsehstudios haben aus der Not allerdings eine Tugend
       gemacht. Inzwischen finden sich sämtliche – auch aktuelle – US-Produktionen
       prominent platziert auf den Startseiten, als Livestream in HD-Qualität –
       und alles ganz legal. Nur im Vorspann muss sich der Netzgucker von dem
       einen oder anderen Werbeclip berieseln lassen. Die Kalkulation der
       amerikanischen Filmbranche: Lieber über kleine Werbeeinlagen ein bisschen
       an den chinesischen Zuschauern mitverdienen, als gar nichts zu verdienen
       mit illegalen Downloads.
       
       Überwachungsfaktor: Sehr gering. Anders als bei den chinesischen
       Fernsehsendern werden Filme auf Youku nicht zensiert. Wahrscheinlich sind
       die Zensurbehörden online noch nicht ganz auf dem neusten Stand.
       
       Exportfaktor: Theoretisch sehr groß. Doch dieses Mal ist es umgekehrt.
       Nicht ausländische Webseiten sind in China gesperrt, sondern chinesische
       Webseiten im Ausland. Die legalisierten Videoclips auf Youku lassen sich
       außerhalb der Volksrepublik nicht abrufen. Und sogenannte VPNs (Virtual
       Privat Networks), mit denen sich gesperrte Seiten von China aus über Server
       im Ausland doch abrufen lassen, gibt es umgekehrt bisher nicht.
       
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       Taobao 
       
       Vorbild: [3][eBay] 
       
       Nutzen: Das chinesische Unternehmen Alibaba betreibt mit dem
       Online-Auktionshaus Taobao das fernöstliche Pendant zu eBay. Genau genommen
       ist Taobao jedoch eine Mischung aus Amazon und eBay. Denn längst dominiert
       bei Taobao der kommerzielle Handel und nicht so sehr das Angebot von
       Gebrauchtgegenständen. Der Grund: Chinesen kaufen bislang einfach noch
       nicht so gern Secondhand.
       
       Chinesische Besonderheit: Auch wenn die Zahl der registrierten
       Taobao-NutzerInnen in China immer weiter steigt und mittlerweile bei
       mehreren hundert Millionen liegen dürfte, ist der Ruf von Taobao nicht der
       Beste. Zu viel gefälschte Ware wird auf der Onlineplattform angeboten, und
       die Imitate werden trotz vorhandenem, aber offenbar wirkungslosem
       Bewertungssystem auch weiter eifrig verschickt.
       
       Überwachungsfaktor: Sehr gering. Selbst in China verbotene Bücher und DVDs
       sind bei Taobao erhältlich.
       
       Exportfaktor: Der ist durchaus vorhanden. Denn auf Taobao sind Waren zu
       finden, die wahrscheinlich nirgendwo sonst auf der Welt im Onlineversand
       angeboten werden. Etwa ganze Eisenbahnwaggons oder Knoblauchpulver zu einer
       Abnahmemenge von 50 Tonnen.
       
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       Sina-Weibo 
       
       Vorbild: [4][Twitter] 
       
       Nutzen: In keinem Land wird so viel gezwitschert wie in China. Ob in den
       U-Bahnen, in Cafés, in Kantinen – überall sieht man die jungen Leute eifrig
       auf ihren Smartphones herumtippen. Es wird getratscht, Aktientipps werden
       ausgetauscht, über Behördenwillkür und die Regierung geschimpft,
       Korruptionsaffären aufgedeckt. Chinesen nutzen Mikroblogs vor allem auch
       als Nachrichtenquelle. Denn wegen der staatlichen Zensur schenken die
       meisten von ihnen den traditionellen Medien schon lange keinen Glauben
       mehr. Doch nicht nur auf Twitter sind die Chinesen aktiv. Weibo heißt ihr
       Kurznachrichtendienst. Und Sina-Weibo ist mit mehr als 400 Millionen
       registrierten Nutzern der beliebteste unter ihnen.
       
       Chinesische Besonderheit: Mikroblogs auf Chinesisch haben gegenüber
       Einträgen in europäischen Sprachen einen gehörigen Vorteil: Während sich
       mit Buchstaben auf 140 Zeichen wirklich nur eine Kurzmitteilung verfassen
       lässt, kann der Nutzer mit 140 chinesischen Schriftzeichen ganze
       Geschichten erzählen. Denn jedes einzelne Zeichen steht im Chinesischen für
       ein Wort.
       
       Überwachungsfaktor: Hoch. Sina-Weibo hat sich selbst dazu verpflichtet,
       politisch unliebsame Einträge und Kommentare zu löschen – was auch ständig
       geschieht. In der Praxis kommt aber allerdings auch der Betreiber oft nicht
       hinterher. Denn haben die Zensoren die Einträge bei Sina erst mal gelöscht,
       sind viele von den Einträgen bereits über andere Dienstleister weiter
       verbreitet.
       
       Exportpotenzial: Gering. Obwohl sich selbst Brad Pitt vor Kurzem einen
       Weibo-Account zugelegt hat – er zielt damit lediglich auf seine
       chinesischen Fans ab. Außerhalb Chinas wird man Twitter also auch wohl treu
       bleiben.
       
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       Baidu 
       
       Vorbild: [5][Google] 
       
       Nutzen: Obwohl Google innerhalb der chinesischen Firewall abrufbar ist,
       bleibt Baidu mit Abstand die populärste Suchmaschine der Chinesen. Baidus
       Marktanteil liegt in China mit seinen 600 Millionen NutzerInnen bei über 80
       Prozent. Denn Google ist seit einem Streit mit den chinesischen
       Zensurbehörden und der anschließenden Verlegung seiner zentralen Server
       nach Hongkong in China störanfälliger und funktioniert nicht immer. Wie
       auch Google finanziert sich Baidu ausschließlich über Online-Marketing. Mit
       großem Erfolg: Bei über 2,3 Milliarden Dollar lag der Gesamtumsatz allein
       2011. Damit ist Baidu das elftgrößte Internetunternehmen der Welt.
       
       Chinesische Besonderheit: Was die Suche nach chinesischen Begriffen angeht,
       ist Baidu sehr viel breiter aufgestellt. Gibt man zum Beispiel den
       Suchbegriff Qigong - eine chinesische Meditationsweise – bei Google ein,
       finden sich etwa 9,6 Millionen Ergebnisse. Bei Baidu auf Chinesisch sind es
       über eine Milliarde.
       
       Überwachungsfaktor: Sehr hoch. Baidu arbeit eng mit chinesischen Behörden
       zusammen und filtert Inhalte, die der Regierung nicht gefallen,
       systematisch heraus.
       
       Exportpotenzial: Gering. Google dominiert international und hat den
       Vorteil, dass kein Staat bestimmt, was im Netz zu finden ist und was nicht.
       Allerdings plant Baidu seinen globalen Siegeszug mit Onlinespielen.
       
       ##
       
       12 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.skype.com/intl/de/get-skype/
 (DIR) [2] http://www.youtube.com/
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 (DIR) [5] http://google.de
       
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