# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Die transatlantische Kleinwerdung
       
       > Hannover 96 hat der Bundesliga vorgemacht, wie effektives Scouting
       > funktioniert: Man ordert per Katalog. Kleine Fehler nimmt man dann auch
       > in Kauf.
       
 (IMG) Bild: Immerhin ist er überhaupt nach Hannover gekommen: Franca
       
       Vielleicht tröstet es Franca, dass Lionel Messi nur 1,68 Meter groß ist und
       Santi Cazorla, Arsenals Mittelfeldgenie, sogar nur 1,65 Meter. Franca
       nämlich misst, letzten Messungen zufolge, immerhin 1,82 Meter, auch wenn
       man bei Hannover 96 davon ausging, er sei sechs bis acht Zentimeter größer.
       Der „Schrumpf-Brasilianer“, wie ihn Bild sogleich spöttisch betitelte, hat
       also jüngst auf dem Hinflug pro 1.000 Kilometer etwa einen Zentimeter
       verloren.
       
       Das könnte ihm einen Eintrag im Guiness-Buch der Rekorde sichern. Angeblich
       beschäftigt sich nun sogar die katholische Kirche mit dieser
       transatlantischen Kleinwerdung, denn „das Wunder bringt dem Menschen zum
       Bewusstsein, dass er nicht weiß, was in ihm und in der Welt alles geschehen
       kann“, wie aus gut unterrichteten Klerikalkreisen verlautet.
       
       Hannover hat den Schwundkicker trotzdem verpflichtet. Wenn er schon mal da
       ist, mögen sich die Entscheidungsträger in der niedersächsischen Tiefebene
       gedacht haben, dann kann er ruhig das Trikot der 96er überstreifen (Größe M
       reicht). Möglicherweise kann er ja trotz seiner Spontanschrumpfung gut
       Fußball spielen.
       
       Wäre ja auch irgendwie peinlich einzuräumen, dass man es mit dem Scouting
       nicht so genau genommen und sich auf windige Prospekte verlassen hat.
       Offenbar bestellt man in Hannover noch per Versandhauskatalog. Wie jeder
       weiß, kann das gut gehen, muss aber nicht. Meistens passt das georderte
       Stück nicht. Man behält es aber trotzdem, weil man zu faul ist, die Retoure
       zur Post zu bringen.
       
       Normalsterbliche kostet so ein Fehlkauf nicht viel. Hannover 96 hat 1,3
       Millionen für Franca hingeblättert. Peanuts. Bei so einer Summe versteht es
       sich von selbst, dass man nicht in den brasilianischen Bundesstaat Paraná,
       genauer, in die Stadt Coritiba fährt. Ein Besuch im dortigen Estádio Major
       Antônio Couto Pereira ist auch vollkommen überflüssig, denn als deutscher
       Fußballexperte weiß man ja eh, dass die Brasis da drüben alle kicken
       können.
       
       Also wird in der Versandhausaußenstelle von Coritiba geordert: „Bom dia,
       mein lieber João, schick mal einen Defensiv-Brasi zu uns rüber. Brauchen
       wir gerade dringend. Geht über unsere Portokasse.“ – „Irgendwelche
       Sonderwünsche?“ – „Och, na ja, groß soll er halt sein, so einsneunzig, habt
       ihr so was?“ – „Franca, Riesentyp aus dem Süden.“ – „Perfaitamente, nehmen
       wir, wie üblich 3 Prozent in unsere Kaffeekasse. Alles paletti und adeus,
       mein Lieber!“
       
       Wie sich herausgestellt hat, ist Franca, der eigentlich Welington Wildy
       Muniz dos Santos heißt, nicht nur zu klein, sondern mit 88 Kilogramm auch
       zu dick. Aber selbst das ist kein Problem. Wie schon der große Diego
       Maradona unter Beweis gestellt hat, kann man auch mit einem Body-Mass-Index
       von 30 noch prima Fußball spielen.
       
       25 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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