# taz.de -- Lärm in Berlin: Wo darf's noch etwas leiser sein?
       
       > Im Internet kann man jetzt besonders ärgerliche Lärmquellen der Stadt
       > melden - und Vorschläge zur Verbesserung machen.
       
 (IMG) Bild: Verkehr verursacht in Berlin den größten Lärm.
       
       In den nächsten vier Wochen können alle BerlinerInnen dem Senat über eine
       [1][Webseite] mitteilen, an welchen Orten sie der Lärm stört und was man
       dagegen unternehmen sollte. In den ersten 24 Stunden sind bereits 360
       Vorschläge auf der Seite eingegangen. Man kann auch andere Forderungen mit
       einem Klick unterstützen. Zu einem Lärm-Workshop sollen schließlich die 20
       Personen eingeladen werden, deren Vorschläge am häufigsten unterstützt
       wurden.
       
       Eine Lankwitzerin zum Beispiel beklagt den Standort einer Haltestelle der
       Busses M82: „Dieser hält direkt unter unserem Schlafzimmerfenster, so dass
       jedes Mal, wenn der Bus anfährt, ein ohrenbetäubender Lärm zu hören ist.“
       Im Sommer sei es bei geöffnetem Fenster „schwierig, in die Tiefschlafphase
       zu kommen“. Der Vorschlag: Die Haltestelle könnte doch um 50 Meter verlegt
       werden, vor eine Schule.
       
       Ein Kreuzberger fordert mehr Polizeipräsenz in seinem Kiez, um mit
       Radarkontrollen die Geschwindigkeitsbegrenzung durchzusetzen: „Besonders an
       warmen Sommerabenden wird die Gneisenaustraße und ihre Verlängerung nach
       Ost und West als illegale Rennstrecke benutzt.“ Das hat erhebliche Folgen:
       „Bei mir hat sich an warmen Tagen, an denen man die Fenster gerne mal offen
       hat, immer richtige Aggressivität breit gemacht.“
       
       Ein Nachtflugverbot für Tegel wird auf der Webseite bereits kontrovers
       diskutiert. Aus Spandau schreibt jemand: „Jede Nacht kommen Flugzeuge nach
       22.30 Uhr angedonnert, oft sogar noch nach 00:00 Uhr. Wir halten das kaum
       noch aus.“ Die Forderung: „Das Nachtflugverbot wirklich ernst nehmen und
       Ausnahmen sollten wirklich Ausnahmen bleiben!“
       
       Ein Charlottenburger widerspricht: „Gerade wenn ich mit einem sehr späten
       Flug in Berlin ankomme, bin ich entsprechend müde und will schnell ins
       Bett. Von Schönefeld dauert es mit dem Taxi nun einmal wesentlich länger
       als von Tegel.“ Der Flughafen sei bereits seit 1948 an dieser Stelle: „Wer
       empfindlich für Fluglärm ist, musste ja nicht ausgerechnet in die
       Einflugschneise ziehen beziehungsweise hatte nun wirklich genug Zeit, um
       dort wegzuziehen.“
       
       Der Senat wolle die „Anwohner als lokale Experten“ einbinden, sagte
       Christian Gaebler, Staatssekretär für Verkehr, bei der Vorstellung der
       Webseite am Donnerstag. Auch offline kann man mitmachen: Im Februar gibt es
       zwei Diskussionstermine in Spandau und Lichtenberg. Die Vorschläge sollen
       in den nächsten Lärmaktionsplan des Senats einfließen.
       
       Den meisten Lärm verursachen Auto- und LKW-Fahrer. 147.000 Anwohner müssen
       laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Verkehrslärm von über 65 Dezibel
       ertragen. Der Fahrzeuglärm entsteht am stärksten entlang vielbefahrener
       Straßen. Von ebenso lauten Straßenbahn- und U-Bahn-Geräuschen sind nur
       13.900 Menschen betroffen. Jeweils rund 18.000 Anwohner leiden unter
       vergleichbarem Lärm durch Eisenbahnen sowie den Flughafen Tegel.
       
       Gaebler will unter den Berlinern auch „das Bewusstsein schaffen, dass man
       mit seinem eigenen Verkehr zum Lärm mit beiträgt“. Die Gesellschaft wolle
       mobil sein, gleichzeitig gebe es ein Bedürfnis nach Ruhe. Am besten sei es,
       auf das Auto zu verzichten, wo immer das möglich sei, und mit Bussen und
       Bahnen zu fahren – oder dem Fahrrad. Das bringt laut Gaebler einen
       doppelten Nutzen: „Weniger Lärm und mehr Bewegung, das hat auch einen
       Gesundheitseffekt.“ Um das Autofahren insgesamt unattraktiver zu machen,
       könnten daher zum Beispiel auch alle öffentlichen Parkplätze innerhalb des
       S-Bahn-Ringes kostenpflichtig werden.
       
       Ziel des Senats ist es, vor allem den nächtlichen Lärm zu verringern. Im
       Jahr 2007 hörten 135.000 Anwohner mehr als 60 Dezibel. Inzwischen sind es
       15.000 Anwohner weniger, bis zum Jahr 2025 sollen es 100.000 weniger sein.
       Tempo-30-Zonen bringen eineinhalb bis drei Dezibel, Flüsterasphalt bis zu
       vier Dezibel, ein stetiger Verkehrsfluss ohne ständiges Bremsen und
       Anfahren bis zu drei Dezibel. Das ist mehr, als es scheint: Dezibel ist
       eine logarithmische Maßeinheit, zehn Dezibel weniger Lärm wird wie eine
       Halbierung der Geräuschkulisse wahrgenommen.
       
       Die Industrie- und Handwerkskammer forderte, der Wirtschaftsverkehr dürfe
       nicht beeinträchtigt werden. Sie wendet sich vor allem gegen zusätzliche
       Tempo-30-Zonen, durch die auch Lieferwagen ihr Ziel später erreichen. Die
       Kammer fordert stattdessen mehr Straßen: „Je schneller also Autobahn 100
       oder Tangentialverbindung Ost kommen, desto besser für die lärmbelasteten
       Gebiete in der Stadt“, so der stellvertretende Geschäftsführer Christian
       Wiesenhütter. Die Kammer forderte, nicht nur die Interessen der Anwohner zu
       betrachten: „In jedem Fall ist eine enge Einbindung aller Beteiligten
       unerlässlich – anliegende Gewerbetreibende ebenso wie Unternehmen, die auf
       gut funktionierende Verkehrsachsen angewiesen sind.“
       
       26 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://leises.berlin.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Heiser
       
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 (DIR) Fluglärm
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
       
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