# taz.de -- Urteil im Berliner Terrorprozess: „Monströse Anschlagspläne“
       
       > Vor der Bundestagswahl drohte ein Berliner den Deutschen mit Terror. Nun
       > wurde der Al-Qaida-Mann zu neun Jahren Gefängnis verurteilt.
       
 (IMG) Bild: „Extrem gefährlich“: Der Vorsitzende Richter über Yusuf O
       
       BERLIN taz | Ein zwölf Monate langer Terrorprozess in Berlin ist am Freitag
       mit hohen Haftstrafen zu Ende gegangen. Das Kammergericht verurteilte den
       27 Jahre alten Yusuf O. unter anderem wegen Al-Qaida-Mitgliedschaft zu neun
       Jahren Gefängnis. Er sei eine „extrem gefährliche Person“, befand der
       Vorsitzende Richter Josef Hoch. Auch während des Prozesses sei keinerlei
       Gesinnungswandel zu erkennen gewesen. Der mitangeklagte 23-jährige
       Österreicher Maqsood L. wurde zu sechs Jahren und neun Monaten Haft
       verurteilt.
       
       Die beiden jungen Männer waren im Mai 2011 in Wien und Berlin festgenommen
       worden. Nach Überzeugung des Gerichts waren sie gerade dabei, im Auftrag
       der Al-Qaida-Führung im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet Mitstreiter
       für eine Terrorzelle in Europa zu suchen – scheiterten dabei aber
       offenkundig recht kläglich. Der Vater eines Teenagers, den Yusuf O. in
       einer Schule anquatschte, schaltete sofort die Behörden ein.
       
       Für Aufsehen hatten allerdings Dokumente gesorgt, die bei den Männern
       gefunden worden waren. Sie waren aufwendig verschlüsselt und zum Teil in
       Computerverzeichnissen mit pornografischen Tarnnamen wie „Sexy Tanja“
       versteckt. Die Sicherheitsbehörden konnten die Verschlüsselung aber knacken
       und entdeckten interne und bis dahin unbekannte Al-Qaida-Papiere mit
       „monströsen Anschlagsplänen“, wie es Richter Hoch am Freitag ausdrückte.
       
       Ein Szenario sei mit „Serien-Killing“ betitelt worden und habe
       Massengeiselnahmen samt Mord vor laufenden Kameras vorgesehen – die Bilder
       sollten anschließend direkt an die Al-Qaida-Führung geschickt werden. In
       anderen Dokumenten fanden sich Bombenbaukurse. Das Berliner Kammergericht
       hatte „keine Zweifel, dass die Angeklagten diese Texte nutzen wollten“.
       Konkrete Vorbereitungen von Anschlägen wurden aber während des Prozesses
       nicht bekannt.
       
       Der ehemalige Wirtschaftsingenieurstudent Yusuf O. gehört zu einer Gruppe
       von jungen Männern, die sich in den vergangenen Jahren in der
       Salafistenszene in Berlin gefunden und radikalisiert hatten.
       
       ## Deutsche Taliban Mudschahidin
       
       Nach Überzeugung des Berliner Kammergerichts ist Yusuf O. im Mai 2009 über
       den Iran in das pakistanisch-afghanische Grenzgebiet gereist. Dort schloss
       er sich zunächst einer kleinen, nur acht Monate existierenden
       Splittergruppe namens Deutsche Taliban Mudschahidin an. Dass diese
       Terrortruppe – angeführt von einem ehemaligen Drogendealer aus Salzgitter –
       jemals Angriffe oder Anschläge mit ernsthaften Folgen verübt hätte, konnte
       nie belegt werden.
       
       Gleichwohl sorgte ein Internetdrohvideo wenige Tage vor der letzten
       Bundestagswahl für große Aufregung. Darin hatte Yusuf O., vermummt und
       unter dem Tarnnamen Ayyub al-Almani, gedroht: „Es ist nur eine Frage der
       Zeit, bis der Dschihad die deutschen Mauern einreißt.“ Dazu wurden Bilder
       des Brandenburger Tors, des Münchner Oktoberfests und des Kölner Doms
       eingeblendet.
       
       Nach dem Auseinanderbrechen der Deutschen Taliban Mudschahidin – ihr
       Anführer starb im Frühjahr 2010 – habe sich Yusuf O. dann al-Qaida
       angeschlossen, so die Überzeugung des Gerichts. Er und der nun mit ihm
       verurteilte Maqsood L. seien von der Terrorgruppe ausgebildet und für
       „externe Operationen“ in Europa vorgesehen gewesen.
       
       Die Angeklagten hatten während des Prozesses durchgehend zu den Vorwürfen
       geschwiegen. Ihre Verteidiger plädierten am Ende auf Freispruch aus Mangel
       an Beweisen. Sie stützten sich auf Angaben des deutschen
       Auslandsgeheimdienstes BND, wonach die beiden Angeklagten, anders als von
       der Bundesanwaltschaft in ihrer Anklage angenommen, nicht von dem
       inzwischen in Pakistan inhaftierten Al-Qaida-Kader Younis al-Mauretani für
       eine Mission in Europa auserkoren worden seien.
       
       Das Gericht befand dagegen: Auch wenn letztlich unklar bleibe, wer genau
       aus der Al-Qaida-Führungsriege die beiden ausgewählt und zurück nach
       Österreich und Deutschland geschickt habe, so bestehe kein Zweifel, dass es
       einen solchen Auftrag gegeben habe. Und dass Yusuf O. der Vermummte war,
       der Deutschland vor der letzten Bundestagswahl per Video mit Terror drohte,
       sei durch mehrere Zeugenaussagen belegt. Die Verteidigung will in Revision
       gehen. (Az.: [1] 2 StE 11/11-4 [4/11])
       
       25 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
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