# taz.de -- Grüne und SPD: „Wir wenden uns an Sie“
       
       > Was passiert, wenn es für Rot-Grün nicht reicht? Ein internes
       > Grünen-Papier sondiert Optionen. Von einer Schwarz-Grün-Ablehnung ist
       > nicht die Rede.
       
 (IMG) Bild: Fühlt sich gut an: der Grüne Jürgen Trittin und SPD-Mann Peer Steinbrück in Berlin
       
       BERLIN taz | Wohl keine andere Partei hat eine so große Leidenschaft für
       Schriftliches wie die Grünen. Als die Partei im Mai 2009 ihr Wahlprogramm
       beschloss, musste die Parteitagsregie fast 1.500 Änderungsanträge sichten –
       die Delegierten frästen sich durch telefonbuchdicke Papierstapel. Jetzt ist
       das Rennen wieder eröffnet: Ein erster Programmentwurf skizziert auf 150
       Seiten, mit welchem Kurs die Grünen im September an die Regierung wollen.
       
       Besonders interessiert wird in der Partei die Passage beäugt werden, in der
       es um Strategie geht. Jüngst hatte sich immer wieder Streit über
       Machtoptionen jenseits der SPD entzündet, weil Bayerns Landeschef Dieter
       Janecek für Offenheit für die CDU plädiert hatte.
       
       „Wir kämpfen in diesem Bundestagswahlkampf für starke Grüne in einer
       Regierungskoalition mit der SPD“, heißt es nun in dem Programmentwurf, der
       der taz vorliegt und über interne Verteiler an die Parteigliederungen
       verschickt wurde. „Nicht weil wir die SPD immer toll finden, sondern weil
       wir in diesem Regierungsbündnis die besten Chancen sehen, einen Wandel zum
       Besseren zu bewirken.“
       
       ## Ausschließeritisdebatten
       
       Wirklich Neues ergibt sich aus dieser schriftlich fixierten Liebesbekundung
       nicht, denn sie gibt die offizielle Linie der Grünen wieder. Die
       Spitzenkräfte lassen keinen Zweifel an ihrer Präferenz, schließen aber
       gleichzeitig Schwarz-Grün oder andere Optionen formal nicht mehr aus, weil
       sie nicht in Ausschließeritisdebatten zurückfallen wollen. Auch die nun
       gefundene Formulierung lässt offen, was passiert, wenn das Kämpfen für
       Rot-Grün am Wählerwillen scheitert.
       
       Doch der Entwurf wird sich noch stark ändern. Die erste Fassung, die eine
       Gruppe unter der Leitung der beiden Grünen Peter Siller und Stefan Tidow
       geschrieben hat, wird jetzt durch die grünen Gremien gereicht: Der
       Bundesvorstand diskutiert kommende Woche mit den LandeschefInnen und den
       Bundesarbeitsgemeinschaften. Ende Februar gießt er all dies in einen
       Leitantrag für den Programmparteitag. Und auf diesem meldet sich dann die
       Basis zu Wort – per Änderungsantrag.
       
       ## Korsett einer Fokussierung
       
       Gerade die Strategieklausel könnte dabei noch für muntere Debatten sorgen:
       Berlins Landeschef Daniel Wesener und die Grüne Jugend hatten sich bereits
       dafür stark gemacht, Schwarz-Grün per Beschluss auszuschließen, um leidige
       Debatten endgültig zu beenden. In linken Kreisverbänden kursiert ein
       Änderungsantrag, der genau dies fordert. Umgekehrt könnten Realos wie
       Janecek das Korsett einer Fokussierung auf die SPD als zu eng empfinden.
       
       Inhaltlich dekliniert der Programmentwurf Themen unter der Überschrift „Es
       ist an der Zeit. Teilhaben, Einmischen, Zukunft schaffen“ durch, für die
       die Grünen seit Langem werben: die Energiewende, die Vereinbarkeit von
       Familie und Arbeit, Gleichberechtigung, Bildung und Umweltschutz.
       
       Besonders stolz sind die Autoren darauf, dass die Partei ihre
       Wahlversprechen sorgsam gegenfinanziert. Wer Grün wähle, „bekommt eine
       ehrliche und solidarische Finanzpolitik“, so das Programm.
       
       Und nur manchmal klingt etwas Küchenpsychologie durch, etwa wenn das Papier
       proklamiert: „Ob IdealistIn, RealistIn oder ZweiflerIn – wir wenden uns an
       Sie.“
       
       30 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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