# taz.de -- Jahrestag der KFZ-Innung: Von der Autobahn zum Radweg
       
       > Die Bremer KFZ-Innung feiert ihr 80-jähriges Bestehen - mit Grußwort
       > eines Grünen. Gegründet 1933, hält die Innung bis heute am Meisterzwang
       > fest.
       
 (IMG) Bild: Auf der Motor-Show, die heute beginnt, dürfen auch KfZ-Meister nicht schrauben.
       
       Seit 80 Jahren besteht die Innung der Kraftfahrzeug-Techniker in Bremen. Am
       Donnerstag feierten das Vertreter der Zunft im Rathaus bei ihrem
       traditionellen Neujahrsempfang. Das Motto: „Bremen gilt als eine
       Autostadt“. Zu den Ehrengästen zählte Umwelt- und Verkehrssenator Joachim
       Lohse, und, Überraschung: Das Grußwort kam von Matthias Güldner,
       Fraktionsvorsitzender der Grünen.
       
       Dabei arbeiten die doch daran, dass das Gegenteil des Veranstaltungsmottos
       eintritt. Und kämpfen letztlich für die Abschaffung des
       Kraftfahrzeug-Gewerbes. Oder nicht? „Unnötig hart formuliert“, nennt
       Güldner das. Schließlich werde er den Tag, an dem auf Bremens Straßen das
       letzte Auto fahre, wohl nicht mehr erleben. Nein, beide Seiten betonen das
       konstruktive Verhältnis. Kontroverse Themen? „Bildungspolitik“ fällt
       KFZ-Obermeister Hans-Jörg Kossmann zuerst ein. Und dann: Der Rückbau der
       Fahrradwege. Freilich, weil die Straßen sein sollen für Autos.
       
       Gegründet worden war die Kfz-Innung 1933, ein Zufall heißt’s, ebenso wie
       die Feier einen Tag nach dem Datum der Vereidigung Adolf Hitlers zum
       Reichskanzler zu begehen. Aber Zufälle gibt es nicht: Tatsächlich war die
       Geschichte der Innung zu Beginn vom Einfluss der Nationalsozialisten
       geprägt, ihre Genehmigung dem Zeit(un)geist geschuldet. Einen ersten Antrag
       auf eine eigene Innung hatten die Autoschrauber 1931 gestellt.
       
       Entwickelt hatte sich das Gewerbe spätestens seit den 1920er Jahren, oft
       durch Spezialisierung: Zunächst hatten noch Schlossereien und
       Schmiede-Betriebe die Fahrzeuge gewartet und repariert.
       
       Die Anerkennung als eigene Innung erhielt man 1933 mit der Auflage, auch
       die Kraftrad-Schrauber mit aufzunehmen. Und unmittelbar darauf wurde man
       gleichgeschaltet: „Nach der Machtübernahme durch die Nazis wartete man im
       Rathaus auf eine neue Mustersatzung aus Berlin, die das ’Führerprinzip‘
       umsetzte“, sagte Obermeister Kossmann. Die Führungspositionen wurden durch
       Nazis besetzt. „Es entsprach deren Haltung, das Handwerk sei die Keimzelle
       des Volkes“, sagt der Historiker Heinz-Gerd Hofschen zur taz.
       
       Als Geschenk an den Mittelstand, der sie gewählt hatte, wurde die
       Gewerbefreiheit durch die Nazis faktisch aufgehoben. Die war in Bremen 1810
       durch Napoleon eingeführt, später dann, durch den norddeutschen Bund
       bekräftigt worden. Erst unter den Nazis brauchte man wieder eine staatliche
       Genehmigung, zur Kontrolle über diesen Bereich. 1935 wurde der Meisterzwang
       eingeführt – bis heute eine Voraussetzung, um der Innung angehören zu
       dürfen.
       
       Stolz auf das „Meisterschild der Innung“ ist Innungs-Obermeister Kossmann
       noch heute. Es stehe „an unseren Betrieben auch in Zukunft als Symbol für
       besten Service“, so seine Deutung. Der freilich tritt Jonas Kuckuk
       entgegen: Der Bremer ist Sprecher des Bundesverbands unabhängiger
       HandwerkerInnen und Handwerker – die sich gegen Zwangsmitgliedschaft in
       Innungen und Meisterzwang wehren.
       
       Innungen seien „nur eine Interessensvertretung der Meister“, so Kuckuk,
       also der Unternehmer. Vom Staat aber würden sie geadelt. „Der Meisterzwang
       wurde eingeführt, um das Handwerk zu entjuden“ – und als Instrument der
       Ausgrenzung funktioniere er nach wie vor. Nicht aber als Kriterium für
       Qualität, sondern als Verengung der freien Marktwirtschaft.
       
       Den Meisterzwang wollten einst auch die Grünen abschaffen. 2005 war es in
       Bremen ihr Thema, räumt Fraktionschef Güldner ein, aber aktuell stehe es
       nicht auf der Tagesordnung. Man sei damit allein gewesen – also
       gescheitert. Und als autofeindlich sollen die Grünen auch nicht
       wahrgenommen werden: „Uns geht es darum, dass alle zu ihrem Recht kommen
       und nicht Fahrräder und Fußgänger untergebuttert werden.“
       
       Immerhin heißt Auto ja nicht gleich Verbrennungsmotor – und gerade in der
       Autostadt Bremen: Schon in den 1920er-Jahren stellte man bei den
       Lloyd-Dynamo-Werken brauchbare Elektroautos her, wie Hofschen informiert.
       „Diese Fahrzeuge hatten nur eine geringe Reichweite, waren aber nahezu
       unverwüstlich.“ Einsatzbereich waren Lager, in denen Verbrennungsmotoren
       die Güter beeinträchtigt hätten – sensible Lebensmittel, wie in den
       Fischereihallen in Bremerhaven, wo sie „bis vor wenigen Jahren noch im
       Einsatz waren“.
       
       31 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
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