# taz.de -- Bericht zu sexueller Gewalt: Indien schützt seine Kinder nicht
       
       > Laut Human Rights Watch sind Indiens Kinder häufig Opfer sexueller
       > Gewalt. Polizei und Ärzte glaubten ihnen oft nicht, Gesetzesreformen
       > würden kaum umgesetzt .
       
 (IMG) Bild: Hoffentlich nicht betroffen: Indische Schulkinder in Dehli.
       
       BERLIN taz | Seit der tödlichen Gruppenvergewaltigung einer Studentin im
       Dezember in Delhi ist Indiens Öffentlichkeit für das Thema sexuelle Gewalt
       gegen Frauen sensibilisiert. Während derzeit die mutmaßlichen Täter vor
       Gericht stehen, weist die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch
       (HRW) jetzt darauf hin, dass in Indien auch Kinder häufig sexuell
       missbraucht würden.
       
       Die Regierung solle deshalb im Rahmen der nach dem
       Gruppenvergewaltigungsfall eingeleiteten Reformen auch den Schutz von
       Kindern vor Missbrauch verbessern, fordert HRW in dem am Donnerstag
       vorgelegten [1][Bericht] mit dem Titel „Das Schweigen brechen. Sexueller
       Missbrauch von Kindern in Indien“.
       
       „Sexueller Missbrauch kommt beunruhigend häufig zuhause, in Schulen und
       Heimen von Kindern vor“, heißt es in dem Bericht. Laut HRW durchlebten
       Kinder in Indien oft ein erneutes Trauma, wenn sie sich nach einer
       Vergewaltigung der Polizei oder Ärzten anvertrauten. Diese wollten ihre
       Berichte oft nicht hören oder glauben. Auch ihr Umfeld bestrafe die Opfer
       oft.
       
       HRW nennt das Beispiel einer Familie, deren 12-jährige Tochter auf dem
       Schulweg vergewaltigt wurde. Der Vater zeigte den Fall bei der Polizei an,
       auch um andere Mädchen mit dem gleichen Schulweg zu schützen. Doch die
       Familie wurde von ihrem Umfeld geschnitten. Die Polizei weigerte sich, den
       Fall aufzunehmen. Als der Vater darauf bestand, wurden er und sein Sohn auf
       der Wache geschlagen.
       
       ## Zustände in Waisenhäusern besonders schlimm
       
       Laut dem HRW-Bericht, der auf Interviews mit mehr als 100 Opfern und
       Angehörigen, für Kinderschutz zuständigen Beamten, Experten, Polizisten und
       Juristen beruht, sind die Zustände in indischen Kinderheimen und
       Waisenhäusern besonders schlimm. „Erschreckenderweise sind es genau die
       Institutionen, die verwundbare Kinder schützen sollten, die sie der Gefahr
       entsetzlicher sexueller Gewalt aussetzten“, sagte HRW-Südasiendirektorin
       Meenakshi Ganguly.
       
       Viele dieser Institutionen seien nicht registriert. Die Regierung habe
       weder einen quantitativen Überblick über die Heime und Bewohner noch würden
       die Einrichtungen inspiziert. „Es handelt sich nicht um Nachlässigkeit,
       sondern um ein Versagen des Systems“, kommentierte Vinod Tikoo von der
       Nationalen Kommission zum Schutz der Kinderrechte.
       
       Human Rights Watch nennt den Fall eines Kinderheims, dessen junge
       Bewohnerinnen vom Heimleiter in der Einrichtung zur Prostitution gezwungen
       wurden. Weil viele Heime auf Spenden angewiesen seien, würden sie aus Angst
       vor finanziellen Einbußen alle Berichte über sexuelle Gewalt kategorisch
       dementieren.
       
       Gleichzeitig erkennt HRW an, dass in Indien der gesetzliche Kinderschutz in
       den letzten Jahren verbessert wurde. Doch hapere es stark an der Umsetzung
       bei Behörden, Justiz und Polizei. Eigene Schätzungen über das Ausmaß
       sexueller Gewalt macht HRW nicht. Zitiert werden Studien, die von täglich
       7.200 Vergewaltigungen von Kindern ausgehen. Doch laut HRW dürfte die wahre
       Zahl viel höher sein, da nur die wenigsten Fälle angezeigt würden.
       
       7 Feb 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.hrw.org/reports/2013/02/07/breaking-silence-0
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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