# taz.de -- Die Wahrheit: Django Unlimited
       
       > Dr. King Schultz und Django sind wieder unterwegs, ihr Ziel: Die Wall
       > Street. Die dringend notwendige Fortsetzung des neuen Tarantino.
       
 (IMG) Bild: Hier noch zu Fuß, bald auf dem Segway: Schultz und Django.
       
       Dr. King Schultz und Django sind wieder unterwegs, unterwegs in die
       Gegenwart. Die heutigen Nachfolger der legendären Kopfgeldjäger und
       Sklavenbefreier reiten nicht mehr hoch zu Pferd über die staubige Prärie,
       vorbei an endlosen Baumwoll-Plantagen, sie rollen flüsterleise und absolut
       klimaneutral durch den Großstadtdschungel New Yorks.
       
       Dr. King Schultz II ist mit dem Elektro-Liegerad unterwegs, während sein
       Gefährte Django stolz erhobenen Hauptes auf dem Segway-Roller durch die
       Straßenschluchten Manhattans cruist. Ihr Ziel: Wall Street. Ihr Auftrag:
       die korrupte Bankenaristokratie zur Rechenschaft zu ziehen. Ihr
       Auftraggeber: die Schutzvereinigung amerikanischer Kleinanleger.
       
       Die Schützer des kleinen Mannes beklagen, dass seit der großen Krise kein
       amerikanischer Spitzenbanker wegen betrügerischer Geschäftspraktiken in
       einem Strafverfahren verurteilt worden ist. Und dass auch Zivilverfahren in
       den meisten Fällen beigelegt wurden, bevor es zum Richterspruch kommen und
       die Schuldfrage geklärt werden konnte. Das ernüchternde Fazit: Das
       Finanz-Establishment hat sich der Justiz entzogen. Die Zeche zahlt der
       Kleinsparer.
       
       Wie gut, dass es noch ehrenwerte Rächer der Enterbten gibt – Dr. King
       Schultz und Django. Ihr erster Job an diesem regnerischen Februartag führt
       die beiden unerschrockenen Kämpfer zur Zentrale von Goldman Sachs, wo sich
       die Spitzen der bedeutendsten Geldhäuser der USA zu einem Strategiegipfel
       versammelt haben. Als der Wachmann sich den beiden recht unkonventionell
       gewandeten Gestalten in den Weg stellt und sie nicht einlassen will,
       erledigt ihn Django mit zwei gezielten Schüssen.
       
       Jetzt ist der Weg frei in die Chefetage. Mit kurzen Stößen aus ihren
       Schnellfeuergewehren räumen die beiden jeden aus dem Weg und verschaffen
       sich Zutritt ins Allerheiligste. Hier sind sie alle versammelt – die Herren
       der Wall Street: CEOs, Vorstände und Hedgefonds-Jongleure der
       amerikanischen Hochfinanz, Topmanager von Goldman Sachs, JP Morgan und
       Morgan Stanley, der Bank of America und der Citigroup. Versammelt, um das
       weitere Vorgehen im fünften Jahr nach dem großen Crash abzustimmen, vor
       allem, wie neue Gesetzesbestimmungen ausgehebelt werden könnten.
       
       Die Männer, die das Weltfinanzsystem an den Rand des Abgrunds geführt,
       Hunderte Milliarden Dollar verbrannt und ungezählte Existenzen zerstört
       haben und die immer noch unbehelligt auf ihren Posten sitzen und fette Boni
       abkassieren. Die Unantastbaren, die sich noch immer lustig machen über die
       hilflosen Versuche der Regierung, ihre Macht einzuschränken.
       
       Doch Dr. King Schultz und Django haben nicht vergessen. Es gibt einen
       kurzen Tumult im Vorzimmer, dann wird die Tür zum Konferenzraum
       aufgestoßen. Die beiden Gestalten in ihren langen Lodenmänteln sind nicht
       gekommen, um die Champagnerkelche nachzufüllen – und auch die Platten mit
       Kaviar-Canapés und Lachsschnittchen halten sie nicht in Händen, sehr wohl
       aber äußerst wirkungsvolle Schnellfeuergewehre, die sie nun auf die
       versammelten Herrschaften richten.
       
       Diese typisch amerikanische Art der Konfliktlösung macht Eindruck: Mit
       zitternden Knien erhebt sich die illustre Runde und fleht mit erhobenen
       Händen um Verschonung. Doch Dr. Schultz und Django kennen kein Erbarmen.
       Und offenbar haben sie auch nicht vor, das grüne Band der Sympathie
       auszurollen. Nein, jetzt wird abgerechnet, mit gnadenloser Effizienz. Für
       jede veruntreute Milliarde ein Feuerstoß, für jeden Insiderhandel ein
       Schlag ins Genick, für jede aus Steuergeldern abgezweigte Bonus-Million
       eine Blutfontäne, bis die eichengetäfelten Wände rotgetränkt sind.
       
       Am Ende des Gemetzels gleicht der Saal hoch über den Wolken der Wall Street
       den Schlachthöfen von Chicago, und die maßgeschneiderten Anzüge der
       Finanzmagnaten sitzen nicht mehr ganz so gut. Aber auf irgendwelche
       Empfänge oder Sitzungen werden diese Herren sowieso nicht mehr gehen.
       Leistung aus Leidenschaft wird sich für sie nicht mehr lohnen.
       
       Mit zufriedenem Lächeln verlassen Dr. King Schultz und sein gelehriger
       Schüler Django die Walstatt und bahnen sich den Weg aus dem Gebäude.
       Sorgfältig verstauen sie ihre glühenden Gewehre in der eigens an Dr.
       Schultzens Liegerad angebrachten Waffenbox und gleiten lautlos in den New
       Yorker Verkehr. Es gibt noch viel zu tun.
       
       8 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rüdiger Kind
       
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